Drakonische Rennrichter und - wieder einmal - eine streikende Lichtmaschine haben Sebastian Vettel im Kampf um den Formel-1-Titelhattrick ausgebremst. Schon von einer überharten Durchfahrtstrafe zurückgeworfen, musste der deutsche Doppel-Weltmeister seinen Red Bull am Sonntag in Monza fünf Runden vor Schluss abstellen. Damit verlor der Titelverteidiger auch WM-Platz zwei an McLaren-Pilot Lewis Hamilton, der den Großen Preis von Italien souverän vor Überraschungsmann Sergio Perez im Sauber gewann. Als Dritter baute Ferrari-Star Fernando Alonso unter dem Jubel der Tifosi seine Gesamtführung aus.

Vettel ist nur noch WM-Vierter

Missmutig war Vettel da längst zurück zur Box gestapft. Mit 140 Zählern ist er nach dem Ende der Europa-Saison nun nur noch WM-Vierter, satte 39 Punkte hinter Alonso. Hamilton hat als Zweiter 142 Zähler, der Monza-Fünfte Kimi Räikkönen schob sich mit 141 Punkten auf Rang drei. Für Vettel war es der zweite Ausfall der Saison wegen eines technischen Defekts. Auch sein Teamgefährte Mark Webber, zuvor WM-Dritter, kam nicht ins Ziel.

Vettel erwischte keinen guten Start und konnte Platz fünf nur mit Mühe behaupten. Dagegen legte WM-Rivale Alonso mit Wut im Bauch gleich richtig los und preschte in den ersten zwei Runden von zehn auf sechs vor. So hatte der Spanier seinen deutschen Kontrahenten schon nach wenigen Kilometern vor sich. Beide schnappten sich danach mit geschickten Manövern den als Vierter gestarteten Michael Schumacher (Mercedes).

Vorne verteidigte Hamilton souverän seine Führung, Ferrari-Pilot Felipe Massa eroberte Platz zwei von Spa-Sieger Jenson Button im zweiten McLaren. In Runde neun sorgte eine Woche nach dem Horror-Crash von Spa diesmal Toro-Rosso-Fahrer Jean-Eric Vergne für eine kurze Schrecksekunde. Der Bolide des Franzosen brach bei knapp 300 Stundenkilometern plötzlich aus, stieg in die Luft und krachte dann in eine Werbetafel. "Ich habe Rückenschmerzen", meldete der ansonsten anscheinend unverletzte Vergne via Boxenfunk.

An der Spitze tat sich zunächst wenig, bis Button nach 18 Runden wieder zu Massa aufschloss und sich nach wenigen Kurven vorbeizwängte. Der Brasilianer steuerte seinen Ferrari kurz darauf an die Box, danach folgten Vettel und Alonso. Haarscharf konnte der deutsche Red-Bull-Fahrer seine Position gegen den Gesamtführenden behaupten, dicht hintereinander kam das Duo zurück auf die Strecke - und das hinter einem Pulk anderer Autos.

"Jetzt ist es genug"

Mit einiger Mühe schlängelten sich Vettel und Alonso durch das Feld, dann griff der Ferrari-Star an. Doch der Deutsche fuhr Kampflinie, Alonso rauschte ins Gras. "Jetzt ist es genug", funkte der Asturier wütend. Zwei Runden später konnte sich Vettel dann nicht mehr wehren und musste Alonso ziehen lassen. Damit nicht genug: Die Rennleitung verdonnerte Vettel für sein Manöver zu einer Durchfahrtstrafe - ein zumindest fragwürdiges Urteil.

Durch die Strafe rutschte Vettel auf Rang neun zurück. Vorne büßte Button eine Woche nach seinem beeindruckenden Erfolg in Spa wohl endgültig alle Titelchancen ein, als sein McLaren in der 33. Runde mit technischen Problemen auf der Zielgeraden ausrollte. Das Ferrari-Duo Massa und Alonso rückte damit auf die Plätze zwei und drei vor.

Wenig später funkte Massas Renningenieur an den Südamerikaner: "Denk an deine Reifen, Fernando ist hinter dir." Nach ein paar weiteren Kilometern zog Alonso vorbei. Die Tifosi hofften nun sogar, dass ihr Liebling noch den führenden Hamilton angreifen könnte. Doch sie hatten nicht mit dem Mexikaner Perez gerechnet. Der Sauber-Pilot hatte dank einer perfekten Strategie am Ende das schnellste Auto und schnappte sich Alonso noch.

Doch für den Spanier war das nicht ganz so schlimm, weil kurz vor dem Ende Vettel als sein ärgster Verfolger sein Auto abstellen musste. In die verbleibenden sieben Rennen ging er nun mit einem dicken Polster.

Nach der Siegerehrung zog Interviewer Niki Lauda den Hut vor Perez, der zum dritten Mal nach Malaysia (2.) und Kanada (3.) aufs Podest gefahren war. Im Mittelpunkt stand aber natürlich Alonso. "Es war ein schwieriges Rennen. Aber wir hatten das schnellste Auto an diesem Wochenende und damit genug Speed, sagte der Spanier, der wegen eines Defekts die sichere Pole verpasst hatte und nur von Platz zehn gestartet war. "Letztlich war es ein perfekter Sonntag, denn der Sieg war außer Reichweite."

"Rennen war ein Genuss"

"Dieses Rennen war ein Genuss. Es ist toll, hier auf dem Podium zu stehen", freute sich 22-jährige Perez strahlend, aber auch ungewöhnlich blass. "Ich war das ganze Wochenende krank", verriet der Mexikaner, dass er körperlich angeschlagen in den Monza-GP gestartet war. Umso höher ist seine beeindruckende Leistung zu bewerten. Frech-forsch überholte der Jungspund bei seiner rasanten Aufholjagd vom zwölften Startplatz auch den zweifachen Champion Fernando Alonso im Ferrari.

Ebendort steht Perez ohnehin bereits auf dem Wunschzettel. Mit seinem sensationellen zweiten Platz beim Großen Preis von Italien hat der Formel-1-Pilot seinen Stellenwert nicht nur für die Scuderia gewaltig gesteigert. "Ich kämpfe immer für mein Team", sagte der Sauber-Pilot zur Frage, ob er sich mit diesem Manöver nicht seine Chancen auf ein Cockpit bei der Scuderia verdorben habe.

Perez will sich mit sportlichen Erfolgen für Top-Teams empfehlen. In Monza stand er bereits zum dritten Mal in dieser Saison auf dem Treppchen - und das in seinem erst 30. Rennen. Ganz zufrieden war er dennoch nicht: "Ich hoffe, dass bald der erste Sieg kommt, und zwar vor Saisonende." Dass er dazu in der Lage ist, hat Perez längst bewiesen.