Sie war nicht auf den ersten Blick zu erkennen, die Befreiung von einer Last. Relativ schweren Schrittes stapften die Kicker des österreichischen Nationalteams am Tag nach dem 1:0-Erfolg über Moldawien zur Mittagszeit auf einen Trainingsplatz beim Ernst-Happel-Stadion. Einige, wie Marko Arnautovic, Martin Harnik oder Sebastian Prödl, hatten sich aufs Rad geschwungen, das Gros der am Samstag voll spielenden Truppe absolvierte ein viertelstündiges Läufchen, das eher einem Spaziergang ähnelte. Zu einem solchen wird es morgen in Schweden gewiss keine Gelegenheit mehr geben.

Pure Erleichterung

Auch Zlatko Junuzovic, dem Schützen des Goldtores gegen Moldawien, waren das aufreibende Match und die darauffolgende schlafarme Nacht deutlich ins von schweren Lidern gezeichnete Gesicht geschrieben. Er habe fast kein Auge zugemacht. „Du kannst kaum schlafen, im Kopf laufen viele Spielszenen noch einmal ab“, das müsse erst einmal verarbeitet werden. Der Bremen-Legionär brachte die zentrale Gefühlslage der Mannschaft auf den Punkt. „Es kam gar nicht so eine richtige Freude auf, es herrschte vor allem Erleichterung“, meinte Junuzovic, der den zufälligen Zusammenfall seines Tors als Kind von Zuwanderern mit der aktuellen Zuspitzung im Flüchtlingsdrama nicht überbewerten wollte. „Das hat damit eigentlich nichts zu tun, ich habe schon öfter ein Tor im Nationalteam geschossen. Es ist aber eine sehr schöne Sache“, meinte Österreichs Spielmacher. Junuzovic bezieht aber grundsätzlich klar Stellung: „Man muss helfen, wo man kann, und soll die Flüchtlinge willkommen heißen. Meine Familie ist ja auch aus einem Krisengebiet nach Österreich gekommen, auch wenn ich selbst daran keine Erinnerung mehr habe“, erklärte der inzwischen 28-Jährige. Aus Erzählungen hat er aber von dem Grauen erfahren: „Es war brutal.“

Gefährlichster Spieler

Im Spiel gegen Moldawien sorgte Junuzovic nicht nur für sein sechstes Teamtor, sondern, abgesehen vom aberkannten Arnautovic-Treffer, auch für die gefährlichsten Szenen, jeweils per Kopf. Dort drinnen spielt sich inzwischen schon das kommende Match gegen die Schweden ab. „Wir müssen uns jetzt darauf konzentrieren, um die EM zu fixieren.“ Zuvor wird die kurze Pause zwischen den zwei Matches in erster Linie für Regeneration genützt. „Wir müssen ein bisschen Schlaf nachholen“, sagt „Sladdi“.

Junuzovic wurde 1987 in der Stadt Loznica an der serbisch-bosnischen Grenze (im serbischen Teil) geboren. Als er vier Jahre alt war, flüchtete die Familie wegen des Jugoslawien-Konflikts nach Österreich. Zlatko wuchs in Kühnsdorf in Unterkärnten auf, wo er auch die fußballerische Grundausbildung erhielt. Später wechselte das große Talent im Alter von zwölf Jahren zum GAK in die dortige Akademie. Bei den Grazern begann auch seine Karriere, die ihn über Austria Kärnten und Austria Wien in die deutsche Bundesliga führte.

Heute Vormittag erfolgt der Aufbruch nach Schweden, am Abend gibt es noch ein Abschlusstraining, morgen um 20.45 Uhr wird die Partie angepfiffen.

HUBER GIGLER