Am Ende hat es Marko Arnautovic mit der nötigen Gelassenheit gesehen. "Ich habe ein Tor gemacht, aber er (Schiedsrichter, Anm.) hatte keine Lust, es mir zu geben", sagt der ÖFB-Teamkicker über seinen nicht gegebenen Treffer für Österreich im EM-Qualifikationsspiel gegen Moldawien. Zur Gelassenheit hat am Ende auch der 1:0-Sieg beigetragen.

Mit den drei Punkten, der Tabellenführung und der fast fixen Qualifikation für die EURO 2016 in der Tasche, ist der nicht gegebene Treffer nur ein kleiner Nadelstich. "Wir haben unsere Aufgabe erfüllt, den Sieg eingefahren. Ob es jetzt ein 1:0 oder ein 5:0-sieg ist, interessiert keinen", sagt Arnautovic. In der Facebook-Community von SPORTNETund der SportWochewurde die Entscheidung mitunter heißblütig diskutiert. Die unterschiedlichsten Theorien kamen hoch, warum der Schiedsrichter vielleicht doch Recht hatte und Arnautovic im Unrecht lag. Doch wie sieht die Faktenlage aus?

SPORTNET macht den Faktencheck

Gerhard Gerstenmayer, Regelreferent und Mitglied der Schiedsrichterkommission des ÖFB macht für SPORTNET den Regelcheck. Zur Situation: Florian Kleinflankt nach einem Zusammenspiel auf der rechten Seite den Ball in die Mitte, zu diesem Zeitpunkt steht Arnautovic nicht im Abseits. Ein moldawischer Verteidiger fängt die Flanke mit dem Kopf ab, sein Kopfball prallt an einem Mitspieler ab und landet so bei Arnautovic, der ruhig einschieben konnte. Dass er dann nicht zum Jubel abdrehen durfte, war eine Fehlentscheidung. "Das Tor wurde zu unrecht aberkannt", hält Gerstenmayer fest.

Der Regelreferent, an diesem Abend im Happel-Oval für die Schiedsrichterbetreuung zuständig, klärt auf: "Nach der Flanke hat kein Mitspieler (von Arnautovic, Anm.) den Ball gespielt oder berührt, der Verteidiger hat zuvor den Ball geköpft. Es war also eine bewusste Bewegung zum Ball und eine neue Ballabgabe." Auch wenn Arnautovic bei der Flanke von Klein im Abseits gestanden wäre, hätte das somit keinen Einfluss auf die neue Situation gehabt. "Der Ball wurde vom Gegner gespielt, somit ist es kein Abseits. Dass er dann noch von einem weiteren Verteidiger abprallte, war nicht mehr relevant, das Tor hätte zählen müssen."

Der Unterschied zwischen Stürmer und Verteidiger

Den wichtigen Unterschied bei der nicht immer einfach zu durchblickenden Abseitsregelung macht die Tatsache, von wem der Ball kommt. "Bei einem Stürmer wird in jedem Fall eine neue Bewertung der Situation vorgenommen, wenn der Ball gespielt oder berührt wurde. Bei einem Verteidiger macht es einen Unterschied, ob der Ball abprallt oder gespielt wird. Wenn der Verteidiger den Ball spielt, ist es eine neue Ballabgabe. Der Ball kommt vom Gegner und es ist somit keine Abseitsstellung." Im Fall Arnautovic hat der Verteidiger geköpft und somit den Ball gespielt.

Die netten Worte, die Arnautovic unmittelbar nach seinem aberkannten Tor in Richtung Assistent richtete, wollte der ÖFB-Legionär nach dem Spiel nicht ganz auflösen. Auf die Frage, was er ihm zugerufen hätte, erklärte der Teamkicker mit einem Augenzwinkern: "Dass er gute Arbeit geleistet hat."