Bei jedem Rapid-Spiel wird traditionell zu Beginn der letzten 15 Minuten von den Fans die legendäre "Rapid-Viertelstunde" eingeklatscht. Nach Überlieferungen soll dieses Einklatschen im Jahr 1919 erstmals erfolgt sein. Tatsächlich dürfte der Begriff "Rapid-Viertelstunde" sogar noch einige Jahre älter sein.

Bereits in der ersten Meisterschaftssaison 1911/12 gab es einige Spiele, die erst im Finish entschieden wurden. So erzielte Rapid-Stürmer Gustav Blaha im Meisterschaftsschlager gegen den hohen Favoriten WAF am 29. Oktober 1911 in der 75. Minute den 2:1-Siegestreffer. Das Spiel wurde vier Minuten vor Schluss abgebrochen, aber das Resultat wurde bestätigt.

Die ersten Meistertitel

Auch im Rückspiel gegen den WAF, am 16. Juni 1912 auf der Pfarrwiese, fiel das Rapid-Tor zum Ausgleich von 1:1 erst zehn Minuten vor Schluss durch Leopold Grundwald. Ebenso beim letzten Meisterschaftsspiel der Saison zwischen Rapid und Cricket am 30. Juni 1912: Bis zur 84. Minute stand es 1:1, ehe Heinrich Krczal und Josef Schediwy noch auf 3:1 stellten und damit den ersten Meistertitel für Rapid fixierten.

Am 17. November 1912 führte der  FAC in Floridsdorf im Spiel gegen Rapid bis 15 Minuten vor Schluss mit 1:0. Dann drehten Krczal und Josef Brandstetter mit drei Toren in zehn Minuten das Spiel noch um. Das Fremdenblatt schrieb damals: "Es hätte nicht viel gefehlt und Rapid wäre geschlagen worden. Bis zu Beginn der letzten Viertelstunde hatten die zu schönem Zusammenspiel mit guten Erfolgen arbeitenden Floridsdorfer mit 1:0 die Führung."

Auch in der Folge entschied Rapid immer wieder Spiele im Finish. Am 1. Dezember 1912 wurde der WAF auf der Pfarrwiese nach 0:1-Pausenrückstand abermals durch ein Tor von Gustav Blaha in der 80. Minute noch mit 2:1 besiegt. Das Spiel gegen den WAC stand 15 Minuten vor Schluss noch 2:2. Endstand 4:3. Im vorletzten Meisterschaftsspiel der Saison verhinderte Leopold Grundwald mit seinem Tor in der Schlussminute zum 2:2 eine Niederlage gegen den WAF. Rapid wurde ungeschlagen Meister 1912/13.

Nicht immer die letzten 15 Minuten

Immer wieder fanden sich auch in Zeitungen Hinweise auf die "berühmte Viertelstunde". Am 22. September 1913 berichtete das Fremdenblatt anlässlich des Spiels Ferencvaros - Rapid: "Nun kommt die Viertelstunde der Wiener in welcher Rapid seine Musterform glänzend demonstrierte." Weiter:
"Es waren vorbildliche, und was für den schließlichen Ausgang des bedeutenden Spiels von besonderer Wichtigkeit schien, erfolgreiche 15 Minuten."

Einen weiteren Beweis für die Existenz der "Rapid-Viertelstunde" liefert das Fremdenblatt dann am 10. Mai 1915 anlässlich des Spiels Rapid gegen FAC: "Die vielerwartete Viertelstunde Rapids, die nahezu zum geflügelten Worte geworden ist, stellt sich ein." Wobei hier bemerkenswert ist, dass nicht von der letzten Viertelstunde die Rede war, sondern von einer Viertelstunde - in diesem Fall zu Beginn der zweiten Halbzeit.

Dass die Rapid-Viertelstunde anfangs nicht zwangsläufig am Ende erfolgen musste, zeigt auch folgendes Zitat aus dem Fremdenblatt vom 2. November 1915: "Rapid hat diesmal seine berühmte Viertelstunde auf den Beginn des Spiels verlegt." Aber im Allgemeinen verstand und versteht man unter der Rapid-Viertelstunde bis heute die letzten 15 Minuten des Spiels.

Beispiele für die Rapid-Viertelstunde

Das Neue Wiener Tagblatt berichtet am 9. September 1916: "Erst in der letzten Viertelstunde zeigt sich die Überlegenheit der Hütteldorfer." Die gleiche Zeitung schreibt am 13. November 1916 über das Spiel Rapid gegen Sportclub: "Das Endergebnis von 2:0 stellten die Rapid-Spieler erst in ihrer berühmten "Viertelstunde" her." bzw. "Erst in den letzten 15 Minuten des Wettspiels konnten die Dornbacher dem immer schärfer werdenden Tempo nicht mehr ganz folgen und mußten in dieser Zeit die zwei Treffer hinnehmen."

Im Jahr 1917 war die Rapid-Viertelstunde bereits ein fester Begriff, wie Auszüge aus der Allgemeinen Sportzeitung vom 28. April zeigen. "Der "Rapid" befolgte der "Hertha" gegenüber ein von seiner sonstigen Gepflogenheit abweichendes Vorgehen; er spielte nicht "auf Warten", hob sich nicht sein Bestes auf die "letzte Viertelstunde" auf, sondern machte es gerade umgekehrt, sicherte sich von Anfang an einen derartigen Vorzug, daß er den Sieg bereits bei Halbzeit vollkommen in der Hand hatte, und ließ dann die Dinge so ziemlich gehen, wie sie wollten."