Wenn Wiener Neustadt und der SK Sturm aufeinandertreffen, sind Tore garantiert. Dem 3:3 in Graz folgte in der 30. Runde ein 4:4-Unentschieden in Niederösterreich. Die Grazer dürfen diesen einen Punkt feiern. Nicht wegen deren spielerischer Leistung, denn diese war bis auf zwei kurze Phasen an diesem Abend außerordentlich schlecht. Sturm-Trainer Franco Foda sprach sogar von einer „unterirdischen Leistung“, die seine Mannschaft in der ersten Hälfte gezeigt hat. Die Steirer dürfen diesen Punkt feiern, weil sie Moral bewiesen haben, weil sie sich in einem zweimal schon verloren geglaubten Spiel zurückgekämpft hatten.

Tabellenschlusslicht Wiener Neustadt war in allen Belangen besser – im Zweikampfverhalten, im Umschaltspiel, in der Aggressivität und der Kreativität. Vor allem zwei Spieler drückten dem Spiel der Niederösterreicher ihre Stempel auf: Reinhold Ranftl und Tobias Kainz. Die zwei Ex-Grazer wirbelten die neu formierte und deshalb völlig ungeordnete Sturm-Abwehr durcheinander. Michael Madl und Martin Ehrenreich fielen verletzt aus.

Sturm spielte lethargisch, wirkte müde und unkonzentriert und geriet durch individuelle Fehler zwei Mal in Rückstand. „Wir alle waren es heute nicht wert, das Sturm-Trikot zu tragen. Ich entschuldige mich bei den mitgereisten Fans. Das Einzige, was gestimmt hat, war die Moral“, sagte Lukas Spendlhofer. Ähnliche Worte fand Tormann Christian Gratzei: „Wir haben Charakter gezeigt, das spricht für uns. Aber unsere gebotene Leistung war außerordentlich schlecht. Zwei Tore gehen auf meine Kappe.“

Nur zwei gute Phasen

Sturm hatte lediglich zwei gute Phasen in diesem Spiel. Die erste, als Donis Avdijaj (51.) und Simon Piesinger (52.) innerhalb von 58 Sekunden den 0:2-Pausenrückstand wettgemacht hatten. Und die zweite, als Avdijaj (88.) und Roman Kienast (91.) den mittlerweile 2:4-Rückstand zum 4:4-Endstand verwandeln konnten. Kienast, der Mann der späten Tore, gab sich selbstkritisch: „Wir haben die Partie komplett verschlafen, waren nicht aggressiv genug, konnten in den Zweikämpfen nicht dagegenhalten. Wenn wir ernsthaft um den Champions-League-Platz mitspielen wollen, müssen wir ganz anders auftreten.“ Das sieht Foda genauso und sagte: „In dieser Woche haben wir einiges zu besprechen. So darf man sich nicht präsentieren. Wir dürfen mit dem Punkt glücklich sein.“ Vor allem über die erste Hälfte empörte sich der Coach: „Das war eine einzige Katastrophe.“
In der Tabelle ist noch nichts passiert. Denn die Admira holte gegen Rapid ein 1:1-Unentschieden. Altach könnte mit einem Sieg heute gegen die Wiener Austria Sturm aber vom dritten Tabellenplatz verdrängen.

CLAUS HOLLMANN