Paldau, ein kleiner Ort in der Südoststeiermark. Am Rand der 3080-Seelen-Gemeinde – nur einen Steinwurf vom Fußballplatz entfernt – schmiegt sich ein schmuckes Einfamilienhaus an den Waldrand. Idylle ist hier nicht nur eine Phrase.

Mit ein bisschen Glück läuft man hier nicht nur einem Fuchs, der einem Hasen Gute Nacht sagt, über den Weg, sondern einem echten Serie-A-Fußballer. Denn hier begann einst die Karriere von Robert Gucher. Eine Karriere, die am kommenden Wochenende, wenn das italienische Fußball-Oberhaus in die neue Saison startet, ihren vorläufigen Höhepunkt erleben wird – exakt 1007 Kilometer von Paldau entfernt, im 46.000-Einwohner-Städtchen Frosinone.

Der 24-Jährige ist nämlich der erste Österreicher, der eine Serie-A-Mannschaft als Kapitän aufs Feld führen wird. Freilich, unter den Experten wird Guchers Klub Frosinone ganz offen als Fixabsteiger gehandelt, aber das tut der Begeisterung, die da 86 Kilometer südöstlich von Rom herrscht, keinen Abbruch.

Ausverkaufte Heimspiele

„Bei uns grassiert seit unserem Aufstieg das Fußballfieber“, erzählt Robert Gucher. „Binnen einer halben Stunde waren alle Abos für die neue Saison vergriffen.“ Aber nicht nur das, mittlerweile kann man für keines der Heimspiele mehr eine Karte bekommen. „Die Leute haben um drei Uhr früh vor den Verkaufsstellen auf der Straße geschlafen“, schildert der Steirer, in der abgelaufenen Saison zum besten Mittelfeldspieler der Serie B gewählt, die Euphorie.

10.000 Fans werden sich am kommenden Sonntag zum Auftakt gegen den FC Turin ins Stadio Comunale Matusa quetschen. Und die Frosinone-Tifosi werden das tun, was sie auch in den letzten beiden Jahren getan haben, sie werden das Matusa in eine Festung verwandeln. „In den letzten zwei Jahren haben wir nur ein Heimspiel verloren“, weiß Robert Gucher um die Bedeutung der Unterstützung der Fans.

Und auch das Haus am Waldrand von Paldau wird verwaist sein. Mutter Barbara, Vater Franz und Freundin Lisa werden in Frosinone die Daumen drücken, wenn „ihr“ Robert sein Debüt in der höchsten italienischen Fußball-Liga feiert. Drei Menschen, die im Leben von Robert Gucher bestimmende Rollen spielen. Mit Papa Franz, der beim TUS Paldau als Nachwuchstrainer arbeitete, ging er stets mit auf den Fußballplatz. Hier infizierte er sich mit jenem Virus, das ihn bis heute nicht mehr loslässt.

Erdbeerknödel als Doping

Mama Barbara war diejenige, die den Filius umsorgte und das noch immer tut, wenn er in regelmäßigen Abständen heim nach Paldau kommt. „Mamas Erdbeerknödel sind einfach legendär. Die habe ich auch im heurigen Sommer einige Male bekommen. Das ist das beste Doping für die Serie A“, verrät Gucher mit einem Lachen.

Und dann wäre da noch Lebensgefährtin Lisa. Sie lebt und studiert in Graz, er lebt und spielt Fußball in Frosinone. Nur zwei bis drei Tage im Monat sehen sich die beiden. Ein Beziehungsmodell, das funktioniert. „Das geht ganz gut“, sagt der permanente Strohwitwer. „Wir sind beide unkomplizierte Typen. Jeder geht seinen eigenen Weg.“
Einen kleinen „Tiefschlag“ musste Robert Gucher übrigens schon vor dem Saisonstart hinnehmen. So sehr hatte er sich auf ein Duell mit seinem Idol Andrea Pirlo gefreut. Doch ausgerechnet vor dieser Saison wechselte der Superstar von Juventus Turin nach New York. Gucher nimmt’s aber eher locker. „In der Serie A gibt es noch genügend andere Stars.“ Wie recht er doch hat. Und jetzt, wo er Teil davon ist, wird er vielleicht selbst einer.

THOMAS PLAUDER