Eine Zeitlang sah es so aus, als würde Noscheen Hanaans Traum Wirklichkeit werden. Der aufsteigende Star qualifizierte sich im Alter von 18 als Torwart der syrischen Fußball-Nationalmannschaft.Aber dann kam der Krieg, der so vieles im Land zerstört hat. Auch der Sport und heiß geliebte Fußball blieben nicht verschont.Heute ist Hanaan 23 Jahre alt, ein Flüchtling und arbeitet in einem Hotelrestaurant in der nordirakischen Stadt Erbil.

Wie er sind auch andere Spieler des Nationalteams aus Syrien geflohen, wie viele, darüber schweigen sich die offiziellen Stellen aus. Die Mannschaft kickt zwar weiter, hauptsächlich mit Unterstützung der Regierung von Präsident Baschar al-Assad.

Keine Heimspiele

Aber Heimspiele sind nicht möglich, und so tummelt sich das Team in verschiedenen Gastgeberländern auf dem Rasen, im Versuch, sich für den Asien-Cup oder die Weltmeisterschaft zu qualifizieren. Die Mannschaft steht unter starker Kontrolle, wird, so heißt es, von Assad-Anhängern dominiert.

„Natürlich hat sich der Krieg auf den Sport in Syrien ausgewirkt“, sagt Generalmajor Mowafak Dschumaa vom syrischen Sportverband, einer Regierungsorganisation. „Es fängt mit den Familien an, die Angst haben, ihre Söhne in einen (weit von daheim entfernten) Sportverein zu schicken.“ Einige syrische Nationalspieler hätten sich der Revolte gegen Assad angeschlossen, andere seien aus dem Land geflüchtet, stellte James Dorsey, der einen Blog über Fußball im Nahen Osten unterhält, kürzlich fest.

Exilmannschaft

Im benachbarten Libanon, der 1,1 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen hat, haben junge syrische Fußballer eine oppositionelle Exilmannschaft gebildet – in der Hoffnung, dass sie das offizielle Nationalteam wird, wenn Assad nicht mehr an der Macht ist. Die Mannschaft ist sogar unlängst gegen einen örtlichen Club in der nördlichen libanesischen Hafenstadt Tripoli angetreten.

Hanaan stammt aus einer kurdischen Familie der gehobenen Mittelschicht. Er glänzte bei Al-Hurrija, einer Mannschaft aus Aleppo, und bei verschiedenen Jugendmeisterschaften.

Flucht

Als er für das Nationalteam ausgewählt wurde, entschied er sich, zwei Jahre zu warten, um erst mal an einer Universität zu studieren. Aber er hatte niemals Gelegenheit, den Platz als Nationaltorhüter in Anspruch zu nehmen. Als der Krieg begann, verließ er die Schule, um mitzuhelfen, die Familie finanziell über Wasser zu halten. Dann, im Sommer 2012, zog die oppositionelle Freie Syrische Armee in Aleppo ein, und es folgten Luftangriffe der Regierungstruppen. „Wir flohen mit nichts anderem als unserer Kleidung am Leib“, schildert Hanaan. „Wir hatten keine Zeit, irgendetwas mitzunehmen, keine Bilder, nichts aus dem Haus.“

Die Familie landete am Ende im kurdischen Dorf Afrin, ohne Arbeit und ohne Zukunftsaussichten. Hanaan entschloss sich daher, gen Norden zu ziehen, Richtung türkische Grenze. Fast drei Wochen lang hauste er mit 12 anderen jungen Männern in einer Scheune, wartete er – mit kaum etwas zu essen und zu trinken - darauf, in die Türkei geschmuggelt zu werden. Schließlich schaffte er es über die Grenze, und danach dann in den Irak.

In Erbil, der Hauptstadt des irakischen Kurdengebiets, fand er den Kellnerjob. Weg von daheim, der Familie, aber in Sicherheit, kann er jetzt seinen Angehörigen in Syrien Geld schicken. Er betet, so sagt er, dass er mit ihnen wiedervereint wird. Der Irak sei „weit entfernt von allem, was ich kenne und liebe“.

Keine Genehmigung

Einmal pro Woche spielt er nach der Arbeit mit Freunden Fußball – meistens nach Mitternacht und ohne ein Publikum, das ihn anfeuert. Will er einem irakischen Team beitreten, müssen dessen Manager bei der syrischen Regierung eine Freigabe beantragen. Aber eine solche Genehmigung würde wahrscheinlich abgelehnt, da Hanaan daheim niemals den von ihm verlangten Militärdienst abgeleistet hat. So macht er sich denn keine Illusionen: „Ich fürchte, dass mein Traum aus ist.“