Die Schweizer Staatsanwaltschaft hat rund um die Vergaben der Fußball-Weltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar ein Strafverfahren eröffnet. In diesem Zusammenhang seien im Hauptquartier des Fußball-Weltverbandes (FIFA) in Zürich elektronische Daten und Dokumente sichergestellt worden, teilte die Behörde am Mittwoch mit.

Die Staatsanwaltschaft gehe dem Verdacht nach, dass es bei der Vergabe an Russland und Katar zu Unregelmäßigkeiten und unrechtmäßigen Bereicherungen gekommen sei. Zudem habe man Hinweise auf Geldwäsche über Banken in der Schweiz erhalten. Die Ermittlungen würden nicht gegen konkrete Personen laufen, hieß es weiter.

Bereits zuvor hatte die Schweizer Polizei auf Antrag der USA in Zürich sechs FIFA-Funktionäre festgenommen. Einen Zusammenhang zwischen beiden Vorgängen gibt es laut Schweizer Behörden nicht.  Die sechs Funktionäre  befinden sich in Auslieferungshaft. Sie stehen im Verdacht, Bestechungsgelder in Millionenhöhe angenommen zu haben. Das bestätigte das Schweizer Bundesamt für Justiz (BJ). Demnach hatten die USA um die Verhaftungen ersucht. Die Wahl zum FIFA-Präsidenten findet ungeachtet der Festnahmen in Zürich wie geplant am Freitag statt. 

Bestechungsgelder

Gegen die Funktionäre wird in New York wegen Annahme von Bestechungsgeldern und verdeckten Provisionen ermittelt. Angenommen haben sollen sie diese von den Neunzigerjahren bis heute. Vertreter von Sportmedien und Sportvermarktungsunternehmen sollen gemäß BJ in Zahlungen an hochrangige Fußballfunktionäre - Delegierte des Weltfußballverbandes FIFA und andere Vertreter von FIFA-Unterorganisationen - in Höhe von über 100 Millionen Dollar verwickelt gewesen sein.

Als Gegenleistung sollen sie an Fußballturnieren in den USA und in Lateinamerika Medien-, Vermarktungs- und Sponsoringrechte erhalten haben, wie das BJ schrieb. Die Straftaten seien in den USA vorbereitet und abgesprochen worden, schrieb das Bundesamt unter Berufung auf das Verhaftungsersuchen. Auch seien Zahlungen über US-Banken abgewickelt worden.

Auslieferung an die USA

Die Verdächtigten werden möglicherweise unverzüglich an die USA ausgeliefert. Voraussetzung für eine sofortige Überstellung ist, dass sich die Festgenommenen in der am Mittwoch geplanten Anhörung bei der Zürcher Kantonspolizei mit der sofortigen Auslieferung einverstanden erklären. Tun sie das nicht, will das BJ die USA auffordern, ein formelles Auslieferungsgesuch zu stellen.

Über die Festnahmen im Zürcher Hotel Baur au Lac berichteten auch zwei Reporter der "New York Times", die den Polizeieinsatz vor Ort mitverfolgten. Über Twitter verbreiteten sie unter anderem Bilder von Polizeibeamten in Zivil, die an der Rezeption Zimmerschlüssel holen. Zudem erkannten die Reporter in mindestens einem der von der Polizei Abgeführten einen FIFA-Funktionär.

Blatter nicht unter Beschuldigten

Die FIFA selbst hat sich in einer ersten Reaktion noch nicht zu den Vorwürfen äußern wollen. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur hieß es am Mittwoch lediglich, dass man Kenntnis von entsprechenden Medienberichten habe. Laut AFP will die FIFA die Situation klären, bevor sie sich zu den Festnahmen äußert.

Laut "New York Times" soll FIFA-Chef Joseph Blatter nicht zu den Beschuldigten gehören. Der 79-Jährige geht als großer Favorit in die Wahl für eine fünfte Amtszeit beim FIFA-Kongress am Freitag. Einziger Gegenkandidat ist Prinz Ali bin al-Hussein aus Jordanien.

Viele Namen

Konkret nennt die Zeitung erst vier Namen, darunter Jeffrey Webb von den Cayman Islands, Vize-Präsident des Exekutiv-Komitees, der Uru Eugenio Figueredo, bis vor kurzem Präsident von Südamerikas Fussballverband, Jack Warner von Trinidad und Tobago und Eduardo Li aus Costa Rica. Die New Yorker Staatsanwaltschaft legt etwas später fünf weitere Namen offen: Julio Rocha, Costas Takkas, Rafael Esquivel, José Maria Marin und Nicolás Leoz. Zudem fallen auch Namen von Sport-Marketing-Vertreter. Diese lauten: Alejandro Burzaco, Aaron Davidson, Hugo Jinkis and Mariano Jinkis. Ebenfalls angeklagt sei José Margulies.

Fifa-Vize Jeffrey Webb (50) stammt von den Cayman Islands, ist sei 2012 Präsident der CONCACAF, des nord- und mittelamerikanischen sowie karibischen Fussballverbands. Zudem ist er seit 1991 Präsident des Landesverbands der Cayman Islands. Webb machte sich einen Namen als «erfolgreicher Banker» bei der Fidelity Ltd., einer der grössten Banken auf den Cayman Islands. Seit 2013 steht er zudem der Anti-Diskriminierungs- und der Anti-Rassismus-Task-Force der Fifa vor.

Al-Hussein: "Trauriger Tag für den Fußball"

Präsidentschaftskandidat Prinz Ali bin Al-Hussein hat nach den Festnahmen von sechs FIFA-Funktionären am Mittwoch von einem "traurigen Tag für den Fußball" gesprochen. Mit Verweis auf den weiteren Verlauf der Untersuchungen und Maßnahmen sei es aber nicht angemessen, "zum jetzigen Zeitpunkt darüber hinaus" Kommentare abzugeben, hieß es in einer Mitteilung des jordanischen Verbandschefs.

Er stellt sich am Freitag bei der Präsidentenwahl auf dem Kongress des Internationalen Fußball-Verbandes (FIFA) in Zürich als einziger noch verbliebener Herausforderer Amtsinhaber Joseph Blatter. Der 79-jährige Schweizer ist ersten Informationen zufolge nicht involviert. Die Festnahmen wurden durch die Schweizer Polizei durchgeführt. Es geht um den Vorwurf des Betrugs, der Erpressung und der Geldwäsche. Die Ermittlungen gehen von Behörden in den USA aus.