Es heißt, Thomas Vanek wäre in so guter körperlicher Verfassung wie schon lange nicht mehr. Welche Ansprüche stellen Sie sich für die kommende NHL-Saison?
THOMAS VANEK: Es sind immer die selben. Ich will wieder mehr als 20 Tore schießen, vielleicht sogar die 30er-Marke knacken. Aber ich bin kein Mensch, der sich ständig irgendwelche Ziele setzt. Wichtig wird sein, dass wir es mit Minnesota wieder ins Play-off schaffen, um eine Chance auf den Stanley Cup zu wahren.

Wie reflektieren Sie auf ihr erstes Jahr bei den Wild?
VANEK: Es war ein schweres Jahr. Ich habe gewusst, dass wir über viele gute Spieler verfügen. Vielleicht jedoch nicht die stärksten Mittelstürmer, daher hat es bei mir gedauert, die richtige Chemie mit meinen Mitspielern zu finden. Ab der zweiten Saisonhälfte lief es deutlich besser. Im Großen und Ganzen gesehen gelang es mir, 20 Tore zu erzielen. Nicht mein bestes Jahr, aber auch keine absolute Enttäuschung.

Sie erhielten weniger Eiszeit, spielten in Personal-Entscheidungen plötzlich keine vordergründige Rolle mehr. Beginnt man da als Führungsspieler zu grübeln?
VANEK: Es war eine Trainerentscheidung und daher kein Problem für mich. In einem Teamsport ist das zu akzeptieren. Die ersten 40 Partien habe ich mit niemanden wirklich gespielt. Danach bildete zumindest Charlie Coyle als Center eine Konstante. Auf der rechten Seite wurde trotzdem viel gewechselt.

Mit ihrem großen Ziel dem Stanley Cup klappte es nicht. Chicago erwies sich im Play-off als Stolperstein. Was ist passiert?
VANEK: Sie waren einfach erfahrener. Diese Truppe hat in der Vergangenheit zwei Mal den Stanley Cup geholt. Im Grunde hat das erste Spiel die Serie entschieden.

Inwiefern?
VANEK: Nach einem 0:3 kamen wir zurück, verloren jedoch durch einen dummen Treffer mit 3:4. Das hat uns mental zerstört.

Hinterließen vielleicht auch Ihre vielen Vereinswechsel Spuren?
VANEK: In meinem letzten Jahr in Buffalo erkannte ich, dass ich getradet werde. Es ist nur früher passiert, als vermutet. Bei den New York Islanders fühlte ich mich sehr wohl. Nachdem ich den Vertrag abgelehnt hatte, war mir klar, dass ich erneut getradet werde. Und plötzlich war ich in Montreal. Aber ich würde alles noch einmal genauso machen.

Zurück zu Minnesota: Welche Rolle werden Sie heuer spielen?
VANEK: Wenn es nach mir geht, eine Wichtige. Positiv ist, dass ich vom Start weg mit Coyle spielen darf. Hoffentlich finden wir schnell die nötige Chemie, dann können wir beide davon profitieren.

Wer sind die Anwärter auf den Stanley Cup? Lässt sich das überhaupt prognostizieren?
VANEK: Nur schwer. Die Chicago Blackhawks werden sicher wieder mitmischen. Im Westen gibt es einige Teams wie Los Angeles Kings oder St. Louis Blues. Allerdings erwarte ich auch von Washington Capitals und den Islanders eine starke Saison.

Zu den Österreichern. Schafft Michael Raffl (Philadelphia Flyers) eine Break-out-Saison?
VANEK: Die hatte er, meiner Meinung nach, schon letztes Jahr. Dass er 20 Tore erzielte, ist unglaublich stark. Ich hoffe, er kann sich etablieren und weiterhin neben Claude Giroux und Jakub Voracek spielen. Dann sollte er die 30 Tore Marke schaffen.

Und Michael Grabner?
VANEK: Für ihn war es ein guter Trade, in Toronto geht es sicher wieder bergauf. Im Management der Maple Leafs gab es viel Bewegung und Mike Babcock ist einer der besten Trainer der Welt. Michael wird mehr Eiszeit erhalten. Er hat mir erzählt, dass er sich sehr gut fühlt. Es steht also nichts im Wege, dass er wieder eine tolle Saison liefert.

Welche Chancen schanzen Sie Thomas Raffl in Winnipeg zu?
VANEK: Ich habe mein erstes Testspiel gegen ihn bei den Jets gespielt. Er wurde zwar in der vierten Linie aufgestellt, aber ich denke, dass er gute Chancen hat, zu bleiben.

Was hört man über Ihn?
VANEK: Ich habe ein paar Freunde bei Winnipeg und erkundigte mich nach dem Spiel. Thomas hat viele Leute sehr beeindruckt mit seinen Leistungen im Camp. Für mich ist er ein NHL-Spieler.

Vier Österreicher in der besten Eishockey-Liga der Welt. Was bedeutet das?
VANEK: Dass wir vier Spieler haben. Ich glaube nicht, dass es dem heimischen Eishockey hilft.

Wieso?
VANEK: Ich predige schon seit Jahren, dass mehr in die Jugend investiert werden muss. Ich lese immer von Diskussionen über Ausländer. Ein guter Schritt wäre auf sechs, sieben zu limitieren. Stattdessen in gute Trainer für den Nachwuchs zu investieren, um mehr Erfolg bei U18- oder U20-WMs zu haben. Das dauert aber seine Zeit.

Sie sind 31 Jahre alt, ihr Vertrag bei den Wild läuft bis 2017. Könnten Sie sich vorstellen, irgendwann die Karriere in Europa ausklingen zu lassen?
VANEK: Ich hatte ein paar Operationen zuletzt, hoffentlich bleibe ich gesund. Zwei Jahre sind noch eine lange Zeit. Ich möchte aber noch fünf, sechs, sieben Jahre in der NHL spielen.

INTERVIEW: MARTIN QUENDLER