Als „Cold War“ (Kalter Krieg) ist 2001 das College-Eishockey-Duell zwischen den beiden Universitätsteams von Michigan im Jahrbuch vermerkt. Unter freiem Himmel froren damals 74.500 Zuschauer auf den Tribünen eines Football-Stadions. Ein 44-jähriger Weltrekord (siehe Infobox) wurde damit pulverisiert. Ausgerechnet in Nordamerika, wo Eishockey eigentlich seit Beginn in Hallen stattgefunden hat. Seitdem findet ein globales Wettrüsten um Zuschauerrekorde statt, wobei klarerweise die US-Amerikaner mit ihren infrastrukturellen Gegebenheiten im Vorteil sind.

Hallen waren in USA Standard

Diesen Luxus oder zumindest jenen von Eishallen konnten sich viele heimische Eishockey-Vereine lange nicht leisten. Im Gegensatz zu den Nordamerikanern, die bereits Ende des 19. Jahrhunderts ihre Spiele von Teichen in überdachte Eisrinks verlegt hatten. Erst nach Gründung der österreichischen Eishockey-Meisterschaft 1965 und der Kunsteisbahn-Pflicht 1973 wurden hierzulande die Weichen auf Profi-Betrieb gestellt. Eine generelle Eishallen-Pflicht konnte der Österreichische Eishockeyverband (ÖEHV) erst 1980 durchsetzen (Überdachungsvorschrift). Es dauerte allerdings fast zehn Jahre, bis alle Hallen auch windgeschützt „verpackt“ gewesen sind.

Open-Air als Ausnahme

Das Kärntner Freiluft-Derby 2010 sorgte in dieser Hinsicht für eine kleine Revolution. Eine Ausnahmeregelung war nötig, um das Duell der Lokalrivalen KAC und VSV ins Wörthersee-Stadion zu verlegen. Wer aber eine frühere Bundesliga-Partie „Open Air“ sucht, muss zumindest 15 Jahre zurückblättern. Damals erteilte der ÖEHV ebenfalls eine Sondergenehmigung, jedoch nicht nur für ein Spiel. „Der EC Ehrwald spielte alle seine Heimspiele 1994/95 im Freien“, berichtet KAC-Pressemann und Statistik-Experte Hannes Biedermann. Aus der Not wurde damals eben eine Tugend gemacht.

Nun wird in wenigen Tagen das EBEL Winter Classic 2015 wieder die Massen locken. Denn für die Fans bleiben Eishockey-Spiele unter freiem Himmel eine angenehme Tradition.

Meilensteine bei Eishockey-Freiluftspielen

1957: WM-Finale zwischen Sowjetunion und Schweden vor etwa 55.000 Fans im Moskauer Lenin Stadion.
2001: „Cold War“ zwischen den Universitäten Michigan und Michigan State vor 74.500 Fans.
2003: Erstes NHL-Freiluft-Spiel vor über 57.000 Fans zwischen Edmonton Oilers und Montreal Canadiens bei -19 Grad.
2010: Weltrekord beim Duell der Michigan Universitäten (offiziell: 104.173, inoffiziell: 113.411).
2013: Europa-Rekord in Deutschland mit 50.000 Zuschauer beim DEL Winter Game zwischen Nürnberg und Berlin.

Pula sorgte für Aufsehen
Es war ein spätsommerlicher Herbsttag 2012, der in der kroatischen Hafenstadt Pula beinahe das Eis zum Schmelzen gebracht hatte. Erstmals wurde in einem antiken römischen Amphitheater Eishockey gespielt. Sogar in Nordamerika kursierten allerorts Bilder über dieses Spektakel.

Klassisches Eishockey spät entdeckt
Es klingt dekadent, doch nordamerikanisches Eishockey war immer in Eishallen beheimatet. Erst 1991 wagten die New York Rangers und die LA Kings ein Spiel im Freien. Ausgerechnet mitten in Las Vegas. Danach war es College-Teams vorbehalten, unter freiem Himmel zu spielen. 113.411 lautete die inoffizielle Zuschauerzahl am 11. Dezember 2010 im Duell zwischen der Michigan-State-Universität und der Michigan-Universität.

In Deutschland purzelten Rekorde
In Nürnberg fand 2013 zwischen Ice Tigers und Eisbären Berlin das erste DEL Winter Game statt. 50.000 Zuschauer sorgten für den Europa-Rekord. 2010 waren 77.800 Fans in der Arena „Auf Schalke“ beim WM-Auftakt dabei. Damals war das Dach allerdings geschlossen.

MARTIN QUENDLER