Eine Lederhos’n allein genügt nicht, um an Traditionen festzuhalten. Im Gegensatz zum geschichtsträchtigen KAC, Österreichs Rekordmeister, der seit seiner Gründung diesen Namen trägt, wurde in München gleich mehrere Male für längere Zeit abgetaut. Mangelnder Erfolg wechselte sich mit schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen ab. In regelmäßigen Abständen wurde am Weißwurst-Äquator ein Neustart proklamiert. Seit dem Engagement von Red Bull im Jahr 2012 ist zumindest dahingehend Ruhe eingekehrt. Die damit verbundenden Auswirkungen betraf auch Österreich. Jedoch nicht, wie anfangs befürchtet, dass die Mozartstädter in der heimischen Liga lediglich ein Jugend-Team stellen. Ausgerechnet der in Salzburg umstrittene Exzentriker, wenngleich Eishockey-Koryphäe, Pierre Page, wurde sanft zum „Bruder“ nach Deutschland verabschiedet. Später gab es weitere punktuelle Transfers. Trainer Don Jackson wechselte wie Bullen-Spieler Evan Brophey, Garrett Roe, Brent Aubin, Danny Bois, Ryan Duncan oder Ryan Kavanagh das Lager.

Sportlich hingegen lief es bisher dennoch weniger prickelnd. Seit der Rückkehr 2010 in Deutschlands höchste Spielklasse DEL, verpassten sie vier Mal das Play-off, zwei Mal scheiterten sie in der Qualifikation. Vergangene Saison gelang es ihnen auf Anhieb, ein Ticket zu lösen. Im Play-off mussten sie allerdings eine niederschmetternde Erfahrung hinnehmen. Der krasse Außenseiter Wolfsburg mit Ex-Rotjacke Tyler Scofield schickte die verletzungsgeplagten Bullen mit einem „Sweep“ (4:0-Siege) in den Urlaub.

Dies nahm Jackson zum Anlassfall für einen radikalen Umbau im Olympia-Park. Nur zwölf Spieler blieben dem Kader erhalten. Darunter Kapitän Michael Wolf, der zuletzt in der Champions Hockey League gegen Kosice (4:2-Sieg) mit einem Hattrick geglänzt hatte. Im Tor verstärkten sich die Bayern mit Danny aus den Birken. Für den nun verletzten Team-Goalie ist mittlerweile sogar Philadelphia-Keeper Rob Zepp im Gespräch. Dazu wurden der finnische Veteran Toni Söderholm sowie die Ex-NHL-Spieler Steve Pinizzotto, Jerome Samson, Keith Aucoin, Jason Jaffray, Frederic St. Denis verpflichtet. Ein umfangreicher Einkauf trotz elfköpfiger Legionärs-Beschränkung (neun Cracks auf Spielbericht erlaubt).

Hintergrund: Gold-rot-schwarze Spielerpässe werden in Eishockey-Deutschland aufgrund dieser Regelung wie Lebkuchen-Herzen am Oktoberfest verteilt. Im Kader der Münchner finden sich aktuell gleich acht Doppel-Staatsbürger. Dass dem Klub dabei heimische Identität verloren geht, lässt sich auch mit Dressen im Lederhosen-Stil nicht wiedergutmachen.

MARTIN QUENDLER