Zernarbte Gesichter werden durch teils wilden Bartwuchs verdeckt, verrückte Rituale bestimmen den Alltag, nach Eishockey-Spielen wird aufs Händeschütteln verzichtet und der Herzschlag bei Protagonisten und Publikum liegt an der Grenze des Erträglichen. Kurz gesagt: Es ist Play-off-Zeit in der heimischen Eishockey-Liga.

Das belegen auch die immensen Summen an Strafminuten. Vor allem beim Viertelfinal-Duell zwischen KAC und Znaim sind diese beinahe explodiert (insgesamt 172 in drei Partien). Natürlich rücken dabei auch die Pfiffe der Referees unabdingbar in den Fokus. „54 Spiele lief es ruhig ab. Im Play-off wird Eishockey leidenschaftlicher und emotionaler gespielt. Das ist überall auf der Welt so“, erklärt Referee- und DOPS-Boss Lyle Seitz (Department of Players Safety; Strafsenat) und ergänzt: „Für die Schiedsrichter und Linienrichter hat nun die schwierigste Phase begonnen.“

Keine Präventions-Strafen

Mit den meisten auf dem Eis getroffenen Entscheidungen geht Seitz konform. Er gibt aber zu, dass er nicht mit allen Referee-Leistungen zufrieden sei. Details dazu behält er sich vor. „Sie können eben nur reagieren, nichts verhindern“, verteidigt der Ex-NHL-Linesman. Und erklärt: „Ein Schiedsrichter hat keinen Tribünenplatz. Er muss innerhalb von einer Zehntel-Sekunde auf dem Eis entscheiden.“ Ob nicht frühzeitige Pfiffe als Prävention ein Spiel in geordnetere Bahnen lotsen könnten? „Das klingt logisch, funktioniert aber nicht immer. Wie im letzten KAC-Spiel. Nach einer 3:0-Führung war doch klar, dass die Znaim-Trainer ihre Taktik ändern werden. Im Play-off geht es in jedem Spiel um alles“, zeigt der Kanadier in gewisser Weise noch Verständnis. Speziell in dieser Viertelfinal-Serie impft Seitz seinen Schiedsrichtern ein, ihr Hauptaugenmerk auf Stockschläge und versteckte Stockfouls zu legen. Warum dennoch eine Vielzahl davon ungeahndet bleibt, hinterlässt allerorts ein Rätsel. Der DOPS-Chef geht davon aus, dass sich die Emotionen abkühlen werden: „Ich bin ziemlich sicher, dass schon das nächste Spiel eine ganz andere Charakteristik haben wird.“

Fehlentscheidungen hin oder her. Eines dürfen sich Seitz & Co. auf die Fahnen heften: Trotz der ruppigeren Gangart während des Play-offs haben bösartige Attacken deutlich abgenommen (Checks von hinten gegen die Bande, Checks gegen Kopf und Nacken). Die bärtigen Kolosse auf dem Eis gelten eben nicht als vernunft-resistent.

MARTIN QUENDLER