Vor nicht einmal zwei Jahren haben Sie noch Thomas Vanek nach Graz geholt. Was hat Ihre Eishockey-Begeisterung derart abkühlen lassen?

HERBERT JERICH JR.: Sie ist nicht abgekühlt. Das Feuer brennt noch immer. Wir gehen auch nicht im Streit auseinander.

Sondern?

JERICH: Ich kann mich mit der Linie des Vereins nicht mehr zu hundert Prozent identifizieren. Und wenn ich das nicht kann, lass’ ich es lieber bleiben.

Welche Linie meinen Sie?

JERICH: Wenn ich von 20 Spielen nur vier gewinne, dann muss ich das besser analysieren, vor allem aber muss ich reagieren. Ich kann nicht nur von Spiel zu Spiel und wieder zum nächsten Spiel hoffen, dass es von selbst besser wird.

Und was genau hätten sie vorgeschlagen?

JERICH: Auf jeden Fall einen etwas anderen Weg. Ohne Anspruch und ohne Garantie, dass dieser Weg besser oder richtiger gewesen wäre. Auf jeden Fall hätte ich die Spieler anders zu motivieren versucht.

Mit anderem Weg meinen Sie einen anderen Trainer, oder? Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass Sie für einen Trainerwechsel plädiert haben.

JERICH: Ja, das ist korrekt. Ich habe einen Trainerwechsel vorgeschlagen. Dass der Verein an Todd Bjorkstrand festhält, hat den Ausschlag gegeben, dass ich gehe. Es war jetzt nicht so, dass ich meinen Mund nicht aufmachen durfte. Aber wenn nichts, rein gar nichts von dem, was man vorschlägt, umgesetzt wird, was hat es für mich im Vorstand dann für einen Sinn? Dann investiere ich Nerven und Energie anderswo.

Was werfen Sie dem Trainer konkret vor?

JERICH: Nicht dem Trainer, nicht Todd Bjorkstrand als Person. Aber nach einer derartigen Niederlagenserie wird in jedem Verein der Welt der Trainer in Frage gestellt. Bei uns hat es immer nur geheißen, was wollt ihr?, wir sind nach wie vor "im Soll". Dann waren wir nicht mehr im Soll und es war zu spät, um noch zu reagieren.

Auch der Präsident (Anm., Jochen Pildner-Steinburg) wirkt momentan eher lustlos.

JERICH: Sämtliche Entscheidung trifft Jochen ganz alleine. Das ist sein gutes Recht, er hat auch sehr viel in den Verein investiert. Aber ich wollte dringend nötigen frischen Wind hinein bringen. Dieses Gewinnen wollen um jeden Preis, das fehlt bei den Graz 99ers derzeit völlig. Man muss ja nur ein Bisschen bei den Fans hinein hören. Glauben Sie mir, die sehen das alles ganz genau so.

Sie ziehen sich nur als Vorstand zurück, oder auch als Sponsor der Graz 99ers?

JERICH: Für die heurige Saison halte ich selbstverständlich alle meine Zusagen ein. Für nächstes Jahr werden wir uns später an den Tisch setzen.

INTERVIEW: GERALD POTOTSCHNIG