Vor einiger Zeit wurde auf diesem Platz heftig darüber diskutiert, unter welchen Umständen Radfahrer die Radwege nicht benützen müssen. Dabei wurde jedoch eine wichtige Ausnahme vergessen; wenn jetzt im Winter diese nicht geräumt sind, fällt die Benützungspflicht ebenfalls weg oder?

ANTWORT: Das Thema Fahrradfahren und die Rechte und Pflichten der Radler interessieren Kfz-Lenker und Radfahrer gleichermaßen. Ist der Radweg nicht eis- und schneefrei, wird’s problematisch, da haben Sie recht. Die ÖAMTC-Verkehrsjuristin, Gabriele Zöscher sagt dazu: Grundsätzlich gibt es natürlich die Radfahranlagen-Benützungspflicht, außer eine Radfahranlage ist gar nicht vorhanden oder sie befindet sich in einem Zustand, der eine gefahrlose Benützung nicht gewährleistet, dann darf auch die Fahrbahn benützt werden. Siehe dazu auch das Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH) vom 15. 10. 1964, 2 Ob 306/64, ZVR 1865/107: „Die Verpflichtung zur Benützung eines Radweges hat zur Voraussetzung, dass dessen Zustand eine gefahrlose Benützung gewährleistet. Befürchtet ein Radfahrer, dass der Radweg vereist sei, dann verstößt er durch die Benützung der Fahrbahn nicht gegen die Bestimmung des § 68 StVO.“

Beinahe bei jeder Ausfahrt habe ich mit Autofahrern zu tun, die mich anhupen, schneiden, beschimpfen oder Ähnliches, da ich mit meinem Triathlonrad im Training auf der Straße und nicht am Radweg fahre. Bitte erklären Sie den Autofahrern, dass das erlaubt ist.

ANTWORT: Einen Aufschrei der Rennradfahrer hatte meine vorwöchige Kolumne: „Radwege müssen benützt werden“ zur Folge. Sie war nur auf die Normalradler gemünzt. Deshalb für alle Auto- und Radfahrer: Personen mit Rennfahrrädern dürfen während einer Trainingsfahrt auch auf der Straße fahren. Dabei dürfen sie auch neben einander fahren, wenn sie den äußerst rechten Fahrstreifen benützen. Was als Rennfahrrad gilt, hat der Gesetzgeber genau definiert: höchstens 12 kg Eigengewicht, Rennlenker, äußerer Felgendurchmesser mindestens 630 mm, äußere Felgenbreite höchstens 23 mm. Felgenbreiten wurden von der Polizei dem Vernehmen nach noch keine nachgemessen; das Gewicht ist aber einzuhalten. Und: Ein Mountainbike ist kein Rennrad; auch wenn sich der Biker im Training befindet. Trotz dieser Ergänzung (und weiterer Ausnahmen, auf die nicht eingegangen wird) gilt: Die meisten Radler müssen und sollten den Radweg benützen!

Immer wieder ärgere ich mich, weil Fahrradfahrer auf der Straße fahren, obwohl ein eigener Radweg zur Verfügung steht. Können es sich die Radfahrer aussuchen, ob sie diesen benützen?

ANTWORT: In dieser Frage besteht keine Wahlfreiheit, Radfahrer müssen Radwege benützen, wenn sie vorhanden sind. Dazu gibt es auch eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH). In diesem konkreten Fall wurde eine Radlerin von einem nachkommenden Lkw gestreift und verletzt. Die Frau bekam eine Mitschuld an dem Vorfall, weil sie den Radweg nicht benutzt hatte. Die Radfahrerin und Klägerin begehrte den Ersatz ihres gesamten Schadens mit der Behauptung, es habe sie unter anderem deshalb keine Verpflichtung zur Benützung des Radwegs getroffen, weil sie auf diesem im Hinblick auf die asymmetrische Ausgestaltung des Abblendlichts von Kraftfahrzeugen einer verstärkten Blendung durch entgegenkommende Fahrzeuge ausgesetzt gewesen sei. Der OGH bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen. Der Gesetzgeber erlege den Radfahrern die Pflicht zur Benützung der Radfahranlagen (§ 68 StVO) nicht nur zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer, sondern auch im Interesse ihrer eigenen Sicherheit auf.

Daneben gibt es aber noch eine Reihe von Ausnahmen die im Paragraf 68 der Straßenverkehrsordnung geregelt sind. Das bekannteste Beispiel: Radfahrer dürfen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr bei Trainingsfahrten mit Rennfahrrädern nebeneinander fahren.