Bessere Entwürfe verspricht Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) für Kronzeugenregelung und Online-Überwachung. Beide Pläne stießen in der Begutachtung auf viel Kritik. Jener zur Überwachung der Internet-Kommunikation "zu Recht", befand Brandstetter im APA-Gespräch. Bei der Kronzeugenregelung hofft er, letztlich auch die Kritiker zu überzeugen. In beiden Fällen holt er sich externe Expertise.

Kronzeugenregelung

Die bis Jahresende befristete Kronzeugenregelung will der Minister - wie er im APA-Gespräch sagte - "nicht ersatzlos auslaufen lassen". Er geht davon aus, mit einigen Änderungen auch eine überarbeitete Regelung umsetzen - und nicht nur das alte, für viele unbefriedigende Gesetz verlängern - zu können. Zuletzt gab es darüber koalitionäre Auseinandersetzungen: Die SPÖ warf der ÖVP vor, auf die Bremse zu steigen, um eine Neuregelung zu verhindern.

Brandstetter versucht, die Sache mit neuen Vorschlägen wieder flott zu bekommen. So überlegt er, schon zu Beginn eines Verfahrens den Richter über einen Kronzeugenstatus entscheiden zu lassen anstatt jetzt am Verfahrensende üblicherweise den Staatsanwalt. Damit würde man den Staatsanwälten die schwierige Aufgabe ersparen, den Betreffenden im Verfahren so schonend zu behandeln, dass man ihm den Kronzeugenstatus geben und damit auf die Bestrafung verzichten kann.

"Bundestrojaner"

Mit dem Entwurf für die Überwachung der Internet-Kommunikation erntete Brandstetter Kritik von Datenschützern und Strafrechtlern, aber auch des OGH. Dieser bemängelte, dass mit dem geplanten Text die Ferninstallation von Überwachungssoftware (Stichwort "Bundestrojaner") nicht ausgeschlossen wäre. Dies aber hatte das Justizministerium versprochen. Auch Verwertungsverbote für unzulässig ermittelte Daten fehlten den Experten.

"Der Entwurf war nicht optimal", räumte der Minister ein, "aber die Begutachtung dient ja der Kritik, und die nehmen wir ernst". Er möchte aber "diese Lücke auf alle Fälle schließen" - dass Internettelefonie nicht ebenso wie Festnetz- und Mobiltelefonie überwacht werden kann. Deshalb arbeite er jetzt daran, mit Experten eine bessere Version zu finden. Die überarbeiteten Entwürfe sollen im Herbst vorliegen.

Diese beiden Gesetze sind für Brandstetter eigentlich schon die "Kür". Denn er hat das Regierungsprogramm zu Halbzeit der Legislaturperiode bereits weitgehend abgearbeitet. Der letzte große Brocken, der noch offen ist, ist das Mietrecht. Nach zwei Jahren Stillstand - in den Verhandlungen im Parlament - bemüht sich der Minister, die Sache wieder in Schwung zu bringen. Rückendeckung sieht er beim Bundeskanzler, der das Thema im Ministerrat angesprochen habe - und mit diesem gemeinsam erwarte er, dass die Bereichssprecher, wie angekündigt, demnächst ein Konzept vorlegen.

Selbst demnächst vorlegen wird Brandstetter den Entwurf für das neue Sachwalterrecht. Sein Ziel ist, die hohe Zahl der Sachwalterschaften zu reduzieren - indem den Betroffenen Beratung und Unterstützung geboten wird anstelle der "kaltschnäuzigen Sachwalterschaft".

Fußfessel für mehr Sicherheit im Maßnahmenvollzug

Die elektronische Fußfessel will Brandstetter auch im Maßnahmenvollzug einsetzen - nicht anstelle von Haft, sondern um den Häftling etwa bei einem Ausgang besser überwachen zu können. Denn bei der Unterbringung psychisch gestörter Straftäter müsse Sicherheit oberstes Gebot sein, denn sie seien immer ein Gefahrenpotenzial, sagte er im APA-Gespräch.

Deshalb hat Brandstetter den auf Basis einer Expertengruppe erarbeiteten Entwurf noch einmal überarbeiten lassen. "Diese Reform wird meine Handschrift tragen", merkte er an. Anlass waren nicht zuletzt die "Tragödie vom Brunnenmarkt" und der Selbstmord eines psychisch kranken Häftlings auf Ausgang. Die Neufassung wird demnächst fertig sein.

Mit Blick auf diese Vorfälle versicherte Brandstetter auch, dass die Anwendung des Maßnahmenvollzugs nicht beschränkt wird - etwa nur auf Verbrechen. "Einiges spricht dafür. Aber ich halte das für zu gefährlich", schließt er eine Einengung der Tätergruppe aus, die wegen psychischer Störungen in besondere Haft kommt.

Justiz muss Sache in die Hand nehmen

In der Vorbereitung der Reform ist bei Brandstetter die Überzeugung gewachsen, dass die Justiz die Sache selbst in die Hand nehmen muss: "Wir müssen selbst für Sicherheit sorgen, mit unseren Einrichtungen, wir können uns nicht auf das Gesundheitssystem oder die Länder verlassen" - verwies er u.a. darauf, dass die Stadt Wien die einzige psychiatrische Abteilung für Häftlinge auflassen will.

Dafür braucht der Justizminister allerdings Budgetmittel. Denn für eine sichere Unterbringung der - derzeit rund 800 - geistig abnormen oder entwöhnungsbedürftigen Straftäter sind 600 bis 650 Plätze im Maßnahmenvollzug und rund 100 bis 150 für schwere Akutfälle in Kliniken nötig. Dafür müssen die Haftanstalten ausgebaut werden.

Brandstetter hätte letztlich gerne fünf Therapeutische Zentren. Die bestehenden Sonderanstalten Göllersdorf und Wien-Mittersteig sollen nach dem Vorbild des "Vorzeigemodells" Asten ausgebaut werden, Asten mit seinem erweiterten sozialtherapeutischen Konzept wird zum eigenständigen (nicht mehr als Außenstelle Linz geführten) Therapeutischen Zentrum. Auf justizeigenen Liegenschaften sollen zwei weitere Zentren errichtet werden.

Insgesamt hat Brandstetter für den Strafvollzug gerade eine Standortoptimierung laufen. Das Ministerium habe schon ein Konzept, das wird nun - auch mit Blick auf ökonomische und regionale Auswirkungen - professionell von einem Uni-Institut überprüft. Ende des Jahres soll dann feststehen, ob bzw. welche neuen Justizanstalten es geben wird.