Ein Match der Schilder fand am Rathausplatz statt, wo sich nach Parteiangaben bis zu 80.000 Genossen einfanden: Von der Rücktrittsaufforderung an Faymann bis zu seiner demonstrativen Unterstützung reichte die Palette. Auch das vom Wiener Landesparteitag bekannte "Team Haltung" trat wieder auf und verteilte Flyer, auf denen der Rücktritt des Parteivorsitzenden und eine "inhaltliche und personelle Neuaufstellung der Partei" gefordert wurde. "18 Niederlagen sind genug", "Solidarität statt Zäune" oder "Anstand statt Notstand" richtete das rote Parteivolk seinem Chef auch aus. Die Sektion 8 im Alsergrund ließ auf Transparenten wissen: "Sektion 8 Rebellen wählen Van der Bellen".

Gleich daneben wurde die Flagge für Faymann hochgehalten. "Wien für Werner" hieß die Devise. Und zahlreiche Schilder verkündeten eine für die Parteispitze tröstliche Botschaft: "Werner, der Kurs stimmt." Wenig überraschend hatten auch Faymanns Parteifreunde aus dem 23. Wiener Gemeindebezirk diese Tafeln dabei. Mitten drin: Der Vorsitzende selbst, begleitet von Kanzleramtsminister Josef Ostermayer und Nationalratspräsidentin Doris Bures.

Mit Spannung erwartet wurde dann, wie Faymanns Rede bei der Basis ankam. Und es zeigte sich: Seine Kritiker hatten akustisch die Überhand. So laut machten sie ihrem Unmut Luft, dass sich der Moderator der Veranstaltung zur Durchsage genötigt sah: "Wir bitten, dem Genossen Faymann fair zuzuhören." Beifallskundgebungen schafften es nur ganz vereinzelt durchzukommen. Die Faymann-Kritiker der Partei hatten sich zudem ganz vorne bei der Bühne platziert und hielten zahlreiche Schilder mit der Aufschrift "Rücktritt" oder "Parteitag jetzt" in die Höhe. Dazwischen wurden die Pro-Faymann-Taferln an "Werner" gesichtet.

Faymann verteidigte mit knappen Worten seinen Kurs in der Flüchtlingskrise und plädierte angesichts der Flügelkämpfe innerhalb der Roten für einen "gemeinsamen Weg" für ein "faires, sozial gerechtes Österreich" und für die "Rechte der Arbeiter". Die Asyllinie orientiere sich an "Ordnung und Menschlichkeit".

Nach seiner Rede betonte er gegenüber Journalisten, er denke nicht an Rückzug: "Kritik muss man aushalten und ernst nehmen, aber der Kurs ist richtig." Meinungsverschiedenheiten gehörten ausdiskutiert: "Wir haben nichts davon, wenn wir das unter den Teppich kehren und das stattdessen in eine Personaldiskussion umwandeln." Denn "Abputzen, egal auf wen, ist keine Lösung".

Wiens Bürgermeister und Landesparteivorsitzender Michael Häupl betonte ebenfalls, es brauche inhaltliche Diskussion statt "vordergründiger Personaldebatten". Während Häupls Rede verstummten die Protestäußerungen, einen Zwischenrufer fertigte er mit "Hör mir zu und plärr net umadum" ab. Angesichts der Stärke der FPÖ müsse man sich auch die Frage stellen: "Wie halten wir's denn mit dieser Freiheitlichen Partei?" Wobei Häupl gleich klarstellte, dass es "unzählige Gründe gibt, keine Regierungszusammenarbeit mit dieser Freiheitlichen Partei zu machen" - was dem Bürgermeister kräftigen Applaus einbrachte. Häupl äußerte zudem eine klare Wahlempfehlung für den grünen Präsidentschaftskandidaten Alexander Van der Bellen.

Mit Pfiffen sah sich kurzzeitig auch ÖGB-Präsident Erich Foglar konfrontiert. Er hatte jüngst angeregt, über das strikte Nein im Umgang mit den Blauen nachzudenken. Wobei Foglar ebenfalls seine Unterstützung für Van der Bellen kundtat. Zudem zeigte er sich kämpferisch hinsichtlich der Anliegen der Arbeiter, erteilte Kürzungs- und Deckelungsplänen der ÖVP in Sachen Mindestsicherung eine Absage und freute sich über die Anfang 2016 in Kraft getretene Steuerreform. Finanzstadträtin und Wiener SPÖ-Frauen-Vorsitzende Renate Brauner sprach sich ebenfalls für Profilschärfung und Strategiearbeit aus. Was Gewalt gegen Frauen anbelangt, sagte Brauner: "Wir verurteilen alle Täter - egal, wer sie sind und woher sie kommen."

Bei der Rathausopposition gab es am Sonntag Häme für die Bürgermeisterpartei. FPÖ-Vizebürgermeister Johann Gudenus sah sich "mehr an einen Trauerzug denn an eine rauschende Veranstaltung" erinnert und zählte "lediglich einige 100 Funktionäre". ÖVP-Obmann Gernot Blümel mokierte sich über den "primitiven SPÖ-Klassenkampf", dem es nicht gelinge, von den "innerparteilichen Grabenkämpfen abzulenken".