Oberösterreich ist schon einmal vorgeprescht: Das schwarz-blau regierte Bundesland hat konkrete Pläne, Flüchtlingen die Mindestsicherung um mehr als die Hälfte auf höchstens 320 Euro zu kürzen. Und nun hat auch die Bundes-ÖVP einmal mehr ihre Forderungen nach Verschärfungen bei der Mindestsicherung erneuert. Damit, wie ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka sagt, "nicht alle Bundesländer eigenständig Kürzungen vornehmen müssen".

Kürzungen bei der Mindestsicherung nämlich, sagt Lopatka, seien aufgrund der Flüchtlingskrise "dringend notwendig". Er rechne mit etwa 50.000 Flüchtlingen, die 2015 ins Land gekommen sind und heuer die Mindestsicherung beziehen werden. Die jährlichen Ausgaben für die Mindestsicherung, die derzeit etwa 700 Millionen Euro betragen, werden laut Lopatka also bald die Milliardengrenze knacken. Sozialminister Alois Stöger (SPÖ), der wenig Handlungsbedarf bei der Mindestsicherung sieht, betreibe laut Lopatka "Arbeitsverweigerung".

So "scharf" wie die seines oberösterreichischen Parteifreundes Josef Pühringer sind Lopatkas Pläne jedoch nicht, beteuert er. Neben den bereits mehrmals geforderten "Deckelungen" für Zahlungen an Familien bei 1500 Euro schlägt Lopatka nun vor, das dänische Modell der Mindestsicherung zu kopieren. Wer in den vorangegangenen Jahren nicht im Land gelebt hat, bekommt in Dänemark auch keine volle Mindestsicherung. Dieses Modell würde in Österreich vor allem Flüchtlinge, aber theoretisch auch Österreicher treffen. Zudem sollen die Zahlungen an "Arbeitsunwillige" automatisch gekürzt werden und das Verhältnis zwischen Sach- und Geldleistungen 50 zu 50 betragen.

"Alte Hüte, sehr aggressiv vorgetragen", kommentiert man die ÖVP-Pläne im Sozialministerium. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder mahnt zudem, der ÖVP-Klubobmann solle "endlich den Oppositionskurs verlassen". Auch der Wiener Bürgermeister Michael Häupl sprach sich klar gegen Kürzungen aus. Zudem, heißt es aus dem Sozialministerium, seien die meisten seiner Forderungen jetzt schon möglich. Wenn etwa ein AMS-Termin versäumt wird, gäbe es bereits jetzt Kürzungen der Beträge. Für das Verhältnis zwischen Sach- und Geldleistungen seien die Länder zuständig.

Dass die Mindestsicherung künftig Bundessache ist, will Lopatka jedoch nicht - obwohl sich Bund und Länder darauf in den Verhandlungen, die wohl noch bis zum Sommer dauern werden, bereits geeinigt haben sollen.

Was ist die bedarfsorientierte Mindestsicherung?

Die Mindestsicherung löste 2010 die Sozialhilfe ab und ist eine Zahlung für Arbeitswillige oder Pensionisten, deren monatliches Einkommen bei weniger als 837,76 Euro liegt. Wer arbeitet und trotzdem darunter liegt, bekommt eine Aufzahlung auf diesen Betrag. Auch inkludiert ist eine Krankenversicherung. Drei Viertel des Bedarfs sind für Lebens-, der Rest ist für Wohnkosten gedacht.

Was gibt es für Voraussetzungen?

Vor Bezug der Mindestsicherung muss sämtliches Vermögen bis auf 4188,80 Euro aufgebraucht werden. Ausnahmen sind als Hauptwohnsitz genutzte Immobilien - ist man mehr als sechs Monate in der Mindestsicherung, trägt sich der Staat allerdings ins Grundbuch ein. Auch ein Auto muss grundsätzlich verkauft werden. Anspruch hat, wer in Österreich daueraufenthaltsberechtigt ist.

Wie viel wird ausgegeben?

2014 wurden 673 Millionen Euro für die Mindestsicherung ausgegeben - was weniger als ein Prozent des gesamten Budgets ausmacht. Ausbezahlt wurde an 256.405 Personen, im Schnitt bezogen wurden 520 Euro. Zuständig für die Zahlungen sind Länder und Gemeinden - das Verhältnis ist in den Ländern unterschiedlich. Beim Finanzausgleich bekommen sie Geld vom Bund zurück.

Wer bekommt die Mindestsicherung?

Im Jahr 2014 haben 256.405 Menschen zumindest einmal Mindestsicherung bezogen. 39 Prozent davon waren Frauen, 33 Prozent Männer und 27 Prozent Kinder. Doch nur 40 Prozent der Bezieher sind arbeitslos. Die Mehrheit bekommt die Mindestsicherung beispielsweise zur Aufstockung von niedrigen Pensionen oder einem Lohn unter 837,76 Euro. Durchschnittlich kassiert wird sie sechs Monate lang. 61 Prozent der Bezieher waren alleinstehend, 16 Prozent alleinerziehend. Zehn Prozent der Haushalte bezogen monatlich mehr als 1.500 Euro. Von einer Deckelung in dieser Höhe wären also 68.127 Menschen betroffen gewesen.

Wann wird nicht ausgezahlt oder gekürzt?

Grundsätzlich gilt: Wer einen Job annimmt und danach über der Mindestsicherungsgrenze von 837,77 Euro pro Monat liegt, hat keinen Anspruch mehr auf einen Bezug. In Niederösterreich allerdings wird als Anreiz für einen Berufswiedereinstieg noch ein paar Monate weiterbezahlt - das soll künftig auch für ganz Österreich gelten. Jenen Mindestsicherungsbeziehern, die AMS-Termine versäumen oder arbeitsunwillig sind, können die Bezüge als Strafe - zumeist auf die Hälfte - gekürzt werden. Das AMS meldet diese Vorfälle an die Bezirksverwaltungsbehörde, diese kann dann kürzen, muss das aber nicht tun.