Die Leistungsunterschiede beim Lesen zwischen Schülern mit und ohne Migrationshintergrund haben seit dem Jahr 2000 abgenommen. Das zeigen Daten aus der Volksschul-Vergleichsstudie PIRLS und der PISA-Studie. Vor allem türkischstämmige Schüler haben stark aufgeholt, heißt es im PIRLS-Expertenbericht. Trotzdem sind die Unterschiede zwischen "einheimischen" und zugewanderten Kindern noch hoch.

Migrantenkinder wurden besser

In dem vom Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) herausgegebenen Bericht analysieren Wissenschafterinnen Detailergebnisse der 2006 und 2011 durchgeführten PIRLS-Studie (4. Klasse Volksschule) sowie der zwischen 2000 und 2012 erhobenen PISA-Studie (Kinder im Alter von 15 bzw. 16 Jahren). Resultat: Migrantenkinder erzielten bei PISA 2012 (449 Punkte) wesentlich bessere Ergebnisse als bei PISA 2000 (409 Punkte), während die Leistung der Kinder ohne Migrationshintergrund praktisch gleichgeblieben (2000: 502 Punkte, 2012: 499) ist.

Bei PIRLS wiederum blieben die Leistungen der Migrantenkinder in etwa konstant (2006: 498, 2011: 495), während sich jene der einheimischen Volksschüler signifikant verschlechterte (2006: 547, 2011: 537).

Herkunftsländer ändern sich

Auffällig: Zwischen PISA 2000 und PISA 2012 hat sich der Migrantenanteil unter den 15/16-Jährigen von elf auf 17 Prozent erhöht. Außerdem hat sich zwischen PISA 2003 (vorher wurden die Herkunftsländer nicht erhoben, Anm.) und 2012 die Zusammensetzung der Migrantenkinder an den Schulen deutlich geändert: Stammten 2003 noch 71 Prozent aus den klassischen Zuwandererländern Türkei und Ex-Jugoslawien, waren es 2012 nur mehr 55 Prozent. 45 Prozent stammten aus "anderen" Ländern - und davon rund ein Achtel aus Deutschland. Von diesen drei Zuwanderergruppen erzielten die türkischstämmigen Jugendlichen die schwächsten Lese-Leistungen und jene aus "anderen" Ländern die besten.

Förderungsmaßnahmen wirken

Die Zunahme der Migrantenleistungen geht damit zu einem Teil auf den höheren Anteil der besser lesenden Jugendlichen aus den "anderen" Staaten zurück. "Bemerkenswert" war laut Bericht aber auch die positive Entwicklung der Lesekompetenz türkischstämmiger Jugendlicher bei der letzten PISA-Studie 2012 - sie erzielten im Schnitt um 40 Punkte mehr als in den drei Studien davor. Dabei könnten etwa Initiativen der "Community" eine Rolle spielen, die sich durch eine starke Bildungsorientierung auszeichnen wie etwa die Gülen-Bewegung, schreiben die Autorinnen. Die generell besseren Migrantenleistungen könnten aber auch auf verbesserte schulische Rahmenbildungen zurückzuführen sein: So werde in der Lehreraus- und -fortbildung ein stärkerer Fokus auf Interkulturalität, Mehrsprachigkeit und Deutsch als Zweitsprache gelegt.

Sozialer Hintergrund ist relevant

Ein beträchtlicher Teil der Leistungsunterschiede zwischen Schülern mit und ohne Migrationshintergrund lassen sich laut Bericht mit dem sozialen Hintergrund erklären: "Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund wachsen im Durchschnitt unter wesentlich schlechteren sozioökonomischen Bedingungen auf als jene ohne." Bei gleichem sozialen Hintergrund würden die Leistungsunterschiede nur in etwa halb so hoch ausfallen.