Neben einem Rechtsschutz-Senat und einer Präzisierung der Tatbestände bringt das Staatsschutzgesetz auch eine Zentralisierung des Verfassungsschutzes: Die Landesämter sollen zugunsten zentral gesteuerter Polizeieinheiten aufgelöst werden, kündigten SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder und sein ÖVP-Gegenüber Reinhold Lopatka am Sonntag an. Sie hoffen auch auf Oppositionsstimmen für das Gesetz.

Nötig sind diese freilich nicht, denn es handelt sich um keine Zweidrittel-Materie. Dennoch wolle man sich noch Zeit zum Diskutieren geben, betonten Schieder und Lopatka anhand des Fahrplans: Der Abänderungsantrag soll kommenden Dienstag im Innenausschuss eingebracht werden, im Jänner wolle man dann Gespräche führen und die Beschlussfassung finalisieren. In Kraft treten wird das Gesetz mit 1. Juli 2016 - diese Vorlaufzeit sei nötig, um alle Strukturen aufzusetzen.

Einsatz von V-Personen

So etwa den neuen Rechtsschutz-Senat im Innenministerium. Er soll unabhängig sein und die Tätigkeiten des Ermittler - die mit dem neuen Gesetz im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung gebündelt werden - kontrollieren bzw. spezielle Maßnahmen, darunter auch den Einsatz der viel diskutierten verdeckten Ermittler vulgo "V-Personen", genehmigen. Der Senat besteht aus einem Vorsitzenden und zwei Stellvertretern, mindestens einer von ihnen muss zumindest zehn Jahre als Richter oder Staatsanwalt gearbeitet haben.

Schieder und SPÖ-Sicherheitssprecher Otto Pendl sehen damit die Forderung nach einer richterlichen Kontrolle erfüllt. Außerdem sei der komplette Instanzenzug via Bundesverwaltungsgericht gewährleistet. Lopatka und ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon betonen, dass damit höchster juristischer Sachverstand ebenso garantiert werde wie eine breite Basis im Senat, der angehalten werde, im Einvernehmen zu entscheiden.

Hervorgehoben wird von beiden Seiten auch die Kontrolle durchs Parlament: Der landläufig "Stapo-Unterausschuss" genannte Ausschuss im Nationalrat könne jederzeit Auskunft vom Rechtsschutzsenat einfordern; umgekehrt kann sich aber auch der Beauftragte seinerseits ans Parlament wenden.

Zentrale Steuerung

Wichtig waren der SPÖ auch noch zwei weitere Punkte: Die Tatbestände, bei denen der Staatsschutz überhaupt aktiv werden darf, wurden laut Schieder ganz konkret auf die Gewaltbedrohung durch Extremismus, Terrorismus, Spionage oder Proliferation (Verbreitung von Massenvernichtungswaffen) hin formuliert. Die "Wahrung des öffentlichen Ansehens" dagegen ist nicht mehr Job der Staatsschützer. Wie Pendl und Schieder betonten, wären auch Vorgänge wie bei den Ermittlungen gegen die Tierschützer nicht mehr möglich. "Tierschutz ist keine Ideologie", nannte Schieder ein Beispiel für den Nicht-Anwendungsbereich des Gesetzes.

Außerdem soll es künftig keine Landesämter mehr geben, sondern Landesdienststellen in den jeweiligen Polizeidirektionen, die direkt dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung unterstellt sind und von diesem "zentral gesteuert" werden, so Schieder. Somit sei sichergestellt, dass für die "sensiblen Befugnisse" der Ermittler nicht neun unterschiedliche Standards entstünden.

Nichts geändert wurde an der Möglichkeit, V-Personen in bestimmte Szenen einzuschleusen, eben kontrolliert durch den Rechtsschutz-Senat. Auch bei der Speicherung von Ermittlungsdaten - unter bestimmten Bedingungen bis zu sechs Jahre lang - hat sich nichts geändert.

Pendl sieht nun ein "gutes Gesetz" vorliegen, und Amon betonte, es handle sich mitnichten um "Anlassgesetzgebung" angesichts der Anschläge in Paris. Man habe lange und sorgfältig daran

Mikl-Leitner: "Bestens gerüstet"

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat die Einigung vom Sonntag als Durchbruch für einen modernen Staatsschutz in Österreich gewertet. "Ich freue mich, dass wir heute sagen können: Wir haben es geschafft", so die Ministerin in einer Aussendung. Damit sei der Staatsschutz "für den Kampf gegen den Terror und die Bedrohungen im 21. Jahrhundert bestmöglich gerüstet".

Sie verwies auf den im Frühjahr 2014 gestarteten Entstehungsprozess des Gesetzes. Von Anfang an habe man alle Sicherheitssprecher der Parlamentsparteien eingebunden. Ziel sei ein breiter Diskurs um eine der wesentlichen Zukunftsfragen gewesen, bei dem man die Erwartungen der Bevölkerung berücksichtigen wollte. Es sei um einen gesellschaftlichen und politischen Konsens darüber gegangen, wie man die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit für die Bürger wahren könne und was dafür notwendig sei. Im Juni dieses Jahres sei dann von der Bundesregierung im Ministerrat ein entsprechendes Staatsschutzgesetz an das Parlament übermittelt worden.

Nun habe man es geschafft. "Wir konnten eine Einigung auf einen modernen Staatsschutz für Österreich erreichen. Dafür darf ich allen beteiligten Verhandlern danken, aber vor allem den Experten des Innenministeriums", so Mikl-Leitner. Durch die Sorgfalt und die Expertise der Beamten habe man auch die letzten Bedenken ausräumen können.