Finanzminister Hans-Jörg Schelling (ÖVP) hält am Mittwoch seine erste Budgetrede. Inhaltlicher Schwerpunkt und größter Risikofaktor des Budgets 2016 ist die Steuerreform: Ob die Regierung ihr "strukturelles Nulldefizit" halten kann, hängt nicht zuletzt von deren Gegenfinanzierung ab. Außerdem hofft Schelling, dass die EU die Kosten der Flüchtlingskrise als außerordentliche Belastung anerkennt.

Komfortable Ausgangsposition

Das Doppelbudget 2014/15 hatte noch Schellings im August 2014 zurückgetretener Vorgänger Michael Spindelegger (ÖVP) verantwortet. Er hat Schelling eine unerwartet komfortable Ausgangsposition hinterlassen. Denn das von SPÖ und ÖVP eigentlich erst für 2016 angekündigte "strukturelle Nulldefizit" hat die Koalition bereits im Vorjahr erreicht. Nun gilt es, diesen auf EU-Ebene vereinbarten Zielwert für die kommenden Jahre zu halten.

Die Eckpunkte des Budgets sind vom im Mai beschlossenen Finanzrahmen bekannt: Ausgaben von 76,5 Mrd. Euro stehen Einnahmen von nur 71,7 Mrd. Euro gegenüber. Bis 2019 soll diese Differenz auf nur noch eine Mrd. Euro schrumpfen. Die Staatsschulden sollen ab kommenden Jahr wieder sinken: Vom für heuer geplanten Rekordwert (86,8 Prozent des BIP) auf 85,7 Prozent im kommenden Jahr und 79,7 Prozent 2019. Allerdings ist auch das immer noch deutlich mehr als vor der Wirtschaftskrise (64,8 Prozent 2007).

Als größte Risikofaktoren hat der mit der Überwachung der EU-Budgetvorgaben betraute Fiskalrat zuletzt die Steuerreform und die Hypo Alpe Adria gewertet. Die Steuerreform wird Bund, Länder und Gemeinden im kommenden Jahr gut 3,9 Mrd. Euro kosten. Unklar ist aus Sicht der Budgetwächter aber, ob auch die zur Gegenfinanzierung beschlossenen Maßnahmen die erwarteten Einnahmen bringen. So ist derzeit völlig unklar, wie die Regierung die versprochenen Einsparungen von 1,1 Mrd. Euro bei Förderungen und Verwaltung bewältigen will. Und ob die Bekämpfung von Steuer- und Abgabenbetrug (Stichwort: Registrierkassenpflicht) wirklich eine Mrd. Euro bringt, bleibt abzuwarten.

Für die Hypo-Abbaubank Heta sind 200 Mio. Euro budgetiert. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist über den Sommer mit der Flüchtlingskrise dazugekommen: Schelling beziffert die Folgekosten für heuer mit 0,1 Prozent der Wirtschaftsleistung (rund 340 Mio. Euro), 2016 sollen es 0,3 Prozent (also eine Mrd. Euro) sein. Gestritten wird zwischen Verteidigungs- und Innenministerium auch noch darüber, wer die Kosten für den Heeres-Assistenzeinsatz bezahlen soll.

Aus dem "strukturellen Defizit" herausgerechnet sollen die Flüchtlings-Kosten nach APA-Informationen zwar nicht werden. Das Finanzministerium geht allerdings davon aus, dass die EU-Kommission die Sonderausgaben für die Flüchtlingskrise bei der Beurteilung der Budgetpläne berücksichtigt. Sollte die EU-Kommission eine "erhebliche Abweichung" von den europäischen Defizitregeln befürchten, muss sie das der Regierung binnen einer Woche mitteilen und entsprechende Nachbesserungen fordern.

Zuletzt war das im Oktober 2014 der Fall. Neo-Finanzminister Schelling schickte damals eine Liste mit sieben zusätzlichen Sparmaßnahmen nach Brüssel, die in Summe eine Mrd. Euro einsparen sollten. Interessant dabei: Wie Schelling in Beantwortung einer Anfrage des Grünen Budgetsprechers Bruno Rossmann nun mitteilte, wurden die Maßnahmen nicht umgesetzt. Schelling begründet dies damit, dass das "strukturelle Nulldefizit" ohnehin 2014 erreicht wurde: "Damit entfiel auch die Vorgabe, im Jahr 2015 entsprechende weitere Konsolidierungsschritte setzen zu müssen."

Die erste Parlamentsdebatte über das neue Budget ist für Donnerstag, also den Tag nach der Budgetrede vorgesehen. Ein Expertenhearing gibt es am 16. November. Beschlossen wird das Budget nach der traditionell mehrtägigen Debatte am 26. November.