Am Donnerstag verabschiedeten die EU-Innenminister in Luxemburg ein zehnseitiges Papier zur "Zukunft der EU-Rückführungspolitik", das unter anderem gemeinsame Abschiebeflüge vorsieht, die von der EU-Grenzagentur Frontex finanziert und organisiert werden.

Die Länder wollen enger kooperieren, um die derzeitige Rückkehrquote von 40 Prozent zu erhöhen. Dies sollte auch ein Signal an Nicht-Schutzbedürftige und Schlepper sein, erklärte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in Luxemburg. "Die Rückführquote muss gesteigert werden", forderte Mikl-Leitner. "Hier haben wir auch noch Luft nach oben."

Darüber hinaus will die EU Herkunftsländer durch Anreize wie mehr Entwicklungshilfe dazu bringen, ihre geflüchteten Bürger auch wieder aufzunehmen. "Wir müssen diejenigen schützen, die internationalen Schutz brauchen", sagte Luxemburgs Außen- und Migrationsminister Jean Asselborn als Vertreter der amtierenden EU-Ratspräsidentschaft. "Diejenigen, die dies nicht brauchen, müssen in ihre Herkunftsländer zurückkehren." Konsequente Abschiebungen seien "die andere Seite der Medaille" der EU-Flüchtlingspolitik.

Zeichen nach außen

Für die Europäer geht es dabei angesichts der stark gestiegenen Flüchtlingszahlen auch um ein deutliches Zeichen nach außen: "Erhöhte Rückführungsquoten sollen als Abschreckung gegenüber irregulärer Einwanderung wirken", heißt es in dem nun verabschiedeten Papier.

Die EU-Grenzschutzagentur Frontex soll den Ländern helfen, schon bei der Ankunft Wirtschaftsflüchtlinge von schutzberechtigten Asylbewerbern zu unterscheiden. Dafür wird das Personal in den derzeit entstehenden Aufnahmezentren (Hotspots) in Italien und Griechenland verzehnfacht von derzeit 60 auf 670 Personen. Das sagte der luxemburgische EU-Ratsvorsitzende Jean Asselborn. Die EU-Staaten hätten bis zum 16. Oktober Zeit, ihre Beiträge an Personal und Geräten einzumelden. Österreich hat bisher die Entsendung von 100 Experten nach Griechenland zugesagt.

Asselborn gibt Probleme zu

Zweifel von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) an der Einsatzbereitschaft solcher Zentren bis Ende November wollte Asselborn am Donnerstag nicht kommentieren, er räumte aber Probleme ein. In Griechenland sei der Aufbau noch schwieriger als in Italien. Dabei würden die "Hotspots" eng mit der Sicherung der EU-Außengrenze zusammenhängen, und ohne sie gebe es auch keine Umverteilung von Flüchtlingen auf andere EU-Staaten, machte Asselborn klar.

Faymann hatte zuvor angezweifelt, dass die elf Registrierungszentren in Italien und Griechenland wie geplant bis Ende November einsatzbereit sind. "Selbst bis Ende des Jahres bin ich nur dann zuversichtlich, wenn es auch eine zentrale Koordination gibt, wesentlich mehr Mittel, wesentlich mehr Personal", sagte Faymann im Ö1-"Morgenjournal". Von seinem Besuch der Hotspots auf der griechischen Insel Lesbos berichtete Faymann, dass es "an allen Ecken und Enden fehlt". Er habe zum Teil gesehen, dass die technischen Möglichkeiten wie etwa Computer fehlten.

Avramopoulos schätzt, dass Griechenland in zehn Tagen bereit sei für die Einrichtung von mehreren "Hotspots". Diese Zentren müssten anfangs für die Umverteilung von 66.000 Flüchtlingen funktionieren. Avramopoulos und Asselborn wollen sich am Wochenende selbst ein Bild in Griechenland machen.

Verteilung bleibt umstritten

Bei dem Treffen redeten die Minister auch über einen dauerhaften Mechanismus für die Verteilung von Flüchtlingen. Da dieser nach wie vor umstritten ist, kann er erst zu einem späteren Zeitpunkt beschlossen werden. Nach langen Debatten hatten sich die EU-Staaten im September vorerst auf die Verteilung von insgesamt 160.000 Flüchtlingen geeinigt. Am Freitag sollen die ersten 20 Flüchtlinge aus Italien verteilt werden, Zielland ist Schweden.

Am Abend (18.00 Uhr) wollten noch die EU-Außenminister gemeinsam mit den Innenministern über den richtigen Weg beraten. Bei dieser Westbalkan-Konferenz sind auch Minister aus den Balkanstaaten sowie aus anderen Ländern mit vielen Flüchtlingen wie Türkei, Libanon und Jordanien anwesend. Die Konferenz dreht sich um die deutlich wachsende Zahl von Migranten, die aus dem Nahen Osten über die Balkanroute nach Europa kommen.

Die EU will mit den Staaten des westlichen Balkans bei der Bewältigung des Flüchtlingsandrangs enger kooperieren. Diese Länder sollen die Grenzen zu Europa stärker schützen. Gleichzeitig sollen sie Migranten in ihrem Land besser unterbringen, Asylverfahren schneller abwickeln und falls nötig abgelehnte Bewerber abschieben.

Die sechs Balkanländer sollen auf der geplanten EU-Liste der sicheren Herkunftsländer stehen, in die die EU-Staaten Flüchtlinge leichter abschieben können. Umstritten ist aber nach wie vor, ob auch die Türkei auf die Liste kommen soll. Der deutsche Innenminister Thomas De Maiziere plädierte dafür, die Türkei als "sicheren Herkunftsstaat" einzustufen. "Ich persönlich wäre dafür", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Mikl-Leitner wollte am Donnerstag nicht sagen, ob sie die Türkei - so wie die EU-Kommission - für ein sicheres Drittland hält. "Das werden wir zu besprechen haben", sagte sie. Österreich erachtet neben den EU-Staaten auch Island, Liechtenstein, Norwegen sowie Albanien, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Serbien, Australien, Kanada und Neuseeland als sichere Herkunftsländer.