Gestartet wurde die Kundgebung der "Plattform für eine menschliche Asylpolitik" mit leichter Verspätung um 13.15 Uhr beim Christian-Broda-Platz gegenüber dem Westbahnhof. Mehrere tausend Personen hatten sich eingefunden, der Platz füllte sich rasch.

Zu Beginn performten Flüchtlinge aus Traiskirchen Auszüge aus Elfriede Jelineks Stück "Die Schutzbefohlenen". Vertreter der Veranstalter hießen alle Flüchtlinge willkommen - "egal ob sie durch Krieg, Verfolgung oder aus anderen Gründen zur Flucht gezwungen wurden". Gefordert wurde eine menschenwürdige Behandlung von Flüchtlingen, Qualitätsstandards in der Betreuung und die Öffnung der Grenzen. Zu Wort kamen außerdem Flüchtlinge, die über ihre Situation berichteten.

Gegen 14.20 Uhr setzte sich der Demonstrationszug in Bewegung. Die Route führt über die Mariahilfer Straße, Babenbergerstraße und Ring bis zum Parlament, wo kurz vor 16.00 Uhr die Abschlusskundgebung startete. Unter den Teilnehmern der Demonstration waren neben zahlreichen Familien auch eine Blasmusikkapelle; Transparente mit Aufschriften wie "Flüchtlinge rein! FPÖ raus", "Menschenrechte für alle" oder auch "Solidarität" wurden hochgehalten.

Die hohe Zahl der Teilnehmer zeigte sich auch daran, dass das Ende des Demonstrationszuges noch am Ausgangspunkt am oberen Ende der Mariahilfer Straße stand, als die Spitze bereits beim Parlament angelangt war. Insgesamt nahmen laut Polizei mehr als 20.000 Personen an der Veranstaltung teil. Die Organisatoren selbst sprachen von rund 60.000 Teilnehmern.

Die Polizei war mit 400 Beamten im Einsatz, die gesamte Kundgebung verlief ohne Zwischenfälle. Ein Werbestand der FPÖ auf der Demoroute wurde mittels Tretgitter abgesperrt, die Kundgebungsteilnehmer bedachten die Freiheitlichen mit lauten Buhrufen.

Während des Marsches skandierten die Protestierenden Slogans wie "Refugees are welcome here". Auf der Mariahilfer Straße überschritten sie 2.000 Porträts von Flüchtlingen und Helfern, die bereits in der Nacht auf Samstag von der Initiative "Inside Out Austria" auf den Straßenboden geklebt worden waren. Die Fotos - als "Walk of Fame der Menschlichkeit" bezeichnet - zogen sich über eine Länge von rund 300 Metern.

Auf der Schlusskundgebung ergriff ein prominenten Gast das Wort: Campino, Sänger der Punkrock-Band Toten Hosen, verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass das Event "Strahlkraft auch in andere Länder" haben könnte. "Das ist einfach groß", sagte er angesichts der Menschenmenge. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bedachte er mit einem lauten "Fuck!". Zuvor hatte unter anderem Sonja Ablinger, frühere SPÖ-Abgeordnete und jetzt Vorsitzende des Frauenrings, gemeint, sie sehe "eine riesige Welle der Solidarität".

Im Anschluss an die Kundgebung fand auf dem Heldenplatz ein Solidaritätskonzert unter dem Titel "Voices for Refugees" statt, das bis zum späten Abend dauern sollte. Die u.a. von der Volkshilfe initiierte Veranstaltung will Stimmung für "ein menschliches Europa" machen. Das Konzert versammelt rund 15 heimische und internationale Künstler, neben den Toten Hosen etwa Conchita Wurst, Bilderbuch, Zucchero, Konstantin Wecker und Kreisky.

Zudem hielt Bundespräsident Heinz Fischer hielt eine eindringliche Ansprache. "Menschen in Not brauchen Zuwendung, wir dürfen uns nicht abwenden", sagte das Staatsoberhaupt. "Ich sage es mit aller Deutlichkeit: Ich wende mich nicht von denen ab, die Sorgen und Ängste haben", betonte Fischer. "Aber ich wende mich von denen ab, die aus der Not der Flüchtlinge ein Geschäft machen, sei es ein wirtschaftliches oder politisches." Der Bundespräsident forderte, dass "alle Staaten der europäischen Gemeinschaft etwas beitragen" müssten.

Nach der Ansprache des Präsidenten kamen alle mitwirkenden Künstler zu ihm auf die Bühne, um bei Raoul Haspels "Schweigeminute (Traiskirchen)" mitzumachen. Plötzlich herrschte am Heldenplatz Schweigen - das vielleicht schönste Zeichen, in Zeiten des medialen und politischen Getöses, wie viele meinten.

Erich Fenninger, Präsident der Volkshilfe, Veranstalter der Kundgebung, und Organisator Ewald Tatar, Chef von Nova Music Entertainment, hatten zuvor 150.000 Besucher verkündet. Laut Polizei waren über den Tag bis zu 120.000 Menschen anwesend. Jedenfalls war der Heldenplatz seit den Nachmittagsstunden, als Maschek den bunten Reigen eröffneten, ständig sehr gut gefüllt. Die Atmosphäre glich einem Familien-Happening.

"Ihr habt als erste so etwas in dieser Dimension auf die Beine gestellt", sagte Hosen-Sänger Campino. Und fügte hinzu: "Lasst euch diese bunte Stadt von diesem Karl Heinz Christian nicht wegnehmen." Die Band aus Düsseldorf bracht zum Abschluss des Konzerts, dynamisch wie immer, ein hauptsächlich politisches ausgerichtetes Programm mit Liedern wie "Willkommen in Deutschland", "Europa" und "Schrei nach Liebe". Tausende von in die Höhe gehaltenen leuchtenden Handys gaben eine stimmungsvolle Kulisse ab. "Dieses Bild soll um die Welt gehen", meinte Campino.

Kritische Worte fand naturgemäß Konstantin Wecker, der das Publikum aufforderte: "Träumen wir weiter, seien wir subversiv, heißen wir alle Flüchtlinge willkommen." Conchita Wurst brachte stilvoll "Heroes" und "Put That Fire Out". "Wir versuchen unsere Stimme für jene zu erheben, denen nicht oder zu wenig zugehört wird", erklärte sie. Anja Plaschg alias Soap & Skin sang u.a. ein Lied in syrischem und kurdischen Dialekt. Die Jungstars Tagträumer appellierten an das Publikum: "Glaubt an das Gute."

Zucchero interpretierte Verdis "Va pensiero" zusammen mit dem Kinderchor der Chorschule an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. "Ich habe Glück", meinte der Italo-Barde im Gespräch mit der APA. "Ich kann das Leben führen, das ich mag. Und wenn man glücklich ist, sollte man jenen Menschen helfen, die dieses Glück nicht haben."

Gerockt wurde heftig mit Kreisky und Bilderbuch, beide mit energischen Performances. Es blieb jedoch auch Platz für Weltmusik und intimere Lieder. Doch selbst wenn die Begeisterung für die Auftritte groß war, ging es um die Botschaft.

Volkshilfe-Direktor Fenninger warnte: "Wenn das Asylrecht fällt, fällt das Menschenrecht." Den Veranstaltungsort habe man nicht zufällig gewählt. Man werden es nicht zulassen", dass sich die Fehler der Vergangenheit wiederholen. "Wenn Sie heute hier weggehen", sagte Caritas-Präsident Michael Landau, "nehmen Sie drei Dinge mit: Sie sind richtig viele, Sie alle zeigen Haltung, Sie können etwas verändern."

Ergreifendste Wortspenden kamen von Flüchtlingen. Ein Mädchen auf der Bühne berichtete etwa mit Tränen in den Augen: "Wir haben in Syrien kein Wasser und keinen Strom. Aber das ist nicht das Problem. Sondern viele Menschen sind tot." Diverse Sportler - von David Alaba bis Marcel Hirscher - und Prominente sowie Künstler schickten Videobotschaften. Der Eintritt zum Open Air war frei, es wurden Spenden gesammelt.