"Ich bin nur ein kleines Rädchen in so einer Wahlauseinandersetzung. Wenn wir erfolgreich sein wollen, müssen wir ab morgen laufen. Ich werde das tun liebe Freunde, ich habe mir bis zum 11. Oktober nichts anderes vorgenommen. Bitte kämpft mit uns", beschwor Juraczka die Zuhörerschar. Man habe nun 31 Tage Zeit, um den Wienern einen "Kurswechsel" näher zu bringen und zu zeigen, dass die ÖVP für alle, die genug von Rot-Grün in dieser Stadt hätten, die "einzig seriöse Alternative" sei.

Er zog auch gleich eine "Erfolgsbilanz" über fünf Jahre Rot-Grün: "Rekordarbeitslosigkeit, Autofahrer-Sekkieren und eine Fußgängerzone." Auch die FPÖ kam nicht ungeschoren davon, die ja via Plakat zur "Oktober-Revolution" aufruft: "Hatschibratschi auf den Spuren Lenins. Eine Partei, die in Wien die Diktatur des Proletariats einführen möchte", kommentierte Juraczka den blauen Mitbewerber. Die NEOS wurden gar als "blinder Mitbewerb" bezeichnet.

In seiner mehr als halbstündigen Rede fasste Juraczka auch die wichtigsten Forderungen der ÖVP zusammen: darunter den Wunsch nach einem Sicherheitsstadtrat, Deutschklassen für Kinder, die die Sprache noch nicht ausreichend beherrschen, und den Erhalt des Gymnasiums. Außerdem plädierte er für den Ausbau der U-Bahn ins niederösterreichische Umland, eine Parkraumbewirtschaftung mit "Lenkungseffekt" und die Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Abschließend warnte er vor einer Fortsetzung der rot-grünen Regierungszusammenarbeit nach der Wahl: "Fünf weitere Jahre Rot-Grün können wir uns nicht leisten und eine Oktober-Revolution wollen wir uns nicht leisten."

Fast schon Partystimmung kam ob der Inszenierung des Abends auf - Falcos "Vienna Calling" tönte beim Einzug der Kandidaten in der Endlosschleife durch die sanierte historische Halle. Die schwarzen Funktionäre übten sich in der Welle und ließen sich von den Moderatoren des Abend, Cathy Zimmermann und Philipp Pertl, zu manch lautem Gejohle hinreißen.

Bevor es inhaltlich zur Sache ging, verriet Juraczkas Frau Ellen dem Publikum sogar so manch privates Detail über den Wiener Landeschef, etwa über sein Essverhalten. Dieses sei "voll traditionell". Am liebsten kommt ihm Schweinsbraten auf den Tisch. Und weiter: "Gemüse und so, das kennt er eigentlich nur aus der Ferne." Als politische Einheizer fungierten schließlich Bundesparteiobmann Reinhold Mitterlehner und Außenminister Sebastian Kurz.

Kurz warb für den Wiener Spitzenkandidaten, beschönigte aber nicht: "Ich bin mir bewusst und ich glaube, wir alle wissen es: Es wird noch ein harter Kampf. Wir machen es als ÖVP Wien manchmal nicht leicht. Wir machen es uns als ÖVP Wien manchmal nicht leicht." Dabei sparte er auch nicht mit innerparteilichen Seitenhieben: "Wir haben alle die Erfahrung machen müssen, dass man sich auf manche in unseren Reihen nicht verlassen kann, wenn man an Ursula Stenzel denkt. Wir haben immer wieder die Erfahrung gemacht, dass man sich auf manche immer verlassen kann, wenn man an die Kommentare von Erhard Busek denkt."

Mitterlehner schoss sich unterdessen auf Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) ein. Dabei erinnerte er an das SPÖ-Werbeplakat, auf dem der Stadtchef den Bau neuer Gemeindewohnungen mit dem Zusatz: "Da bleib' i stur" verspricht. Dieser Ausspruch suggeriere, dass etwas in der Wohnungspolitik schief laufe, so der Parteichef. Da könnte man gleich mit einer Verdrossenheit plakatieren: "Wählt's mi, i mog euch a ned." Überhaupt habe die SPÖ das "G'spür für Wien" verloren. Mit diesem Spruch werben die Sozialdemokraten.

In seiner Rede sprach Mitterlehner - ebenso wie auch Juraczka - das Thema Flüchtlinge an. Dabei betonte er, dass es um einen Mittelweg gehe: Es geht nicht darum, "dass wir alle ausweisen, dass wir alle zurückweisen". Es gehe darum, dass diejenigen, die Schutz benötigen, Schutz bekommen: "Wir müssen aber auch die Herausforderung annehmen, diejenigen, die das System missbrauchen, die nur aus wirtschaftlichen Gründen kommen, auch zurückzuweisen." Anders werde es nicht gehen.

Insgesamt waren mehr als 700 schwarze Funktionäre in die Sophiensäle gekommen, um beim Wahlkampfauftakt mit dabei zu sein. Darunter auch Finanzminister Hans-Jörg Schelling, Familienministerin Sophie Karmasin, Klubchef Reinhold Lopatka, der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf oder die Ex-Chefin der Landesorganisation, Christine Marek.