Scharfe Kritik hat Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) an der österreichischen Bundesregierung und vor allem an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) geübt. Man wolle die Lage in Traiskirchen absichtlich nicht verbessern, sagte Babler im Rahmen einer Pressekonferenz zur Flüchtlingspolitik und SPÖ-Parteireform am Donnerstag in Innsbruck.

"Die Lage in Traiskirchen soll Stimmung machen und signalisieren, dass die Flüchtlingsfrage nicht bewältigbar sei", meinte Babler. Dass es Chaos gibt, sei nachweisbar. "Wie weit es absichtlich ist, kann ich nicht beweisen, sondern nur interpretieren", sagte der Niederösterreicher. Er forderte ein Aus der politischen Machtspiele und "endlich ein gesetzliches Rahmenwerk".

Doch auch die eigene Partei nahm der Politiker in die Verantwortung: "Die SPÖ sitzt in dieser Frage unter dem Tisch. Vielleicht wollte man alle Verantwortung der Ministerin zu schieben", kommentierte Babler. Die Sozialdemokraten hätten bis heute keine fixe Position in der Migrationspolitik. "Vielleicht ist auch deshalb die FPÖ derzeit so stark", fügte der Bürgermeister hinzu.

Die Quote für Gemeinden bei der Unterbringung für Asylwerber von 1,5 Prozent, wie es das jüngst entworfene Durchgriffsrecht vorsieht, begrüßte Babler. Auch Tirols SPÖ-Klubobmann Gerhard Reheis sah die Quote von 1,5 Prozent positiv und richtete einen Appell an alle Tiroler SPÖ-Bürgermeister auch in ihren Gemeinden Flüchtlinge aufzunehmen. Es sei notwendig, dass Flüchtlinge auch in kleinen Gemeinden ein Gesicht bekommen würden, meinte Reheis.

Dem jüngsten Vorstoß von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), Sozialleistungen für Flüchtlinge zu kürzen, sollte es zu keiner europäischen Lösung mit einer besseren Verteilung der Flüchtlinge in der EU kommen, konnten weder Babler noch Reheis etwas abgewinnen. "Das wird Flüchtlinge, in deren Heimatland Krieg herrscht, nicht stoppen", äußerte sich der Traiskirchner Bürgermeister. Auch Reheis hielt diesen Vorschlag für "zu kurzsichtig".

Am Donnerstag besuchte auch der von der Regierung eingesetzte Flüchtlingskoordinator, Ex-Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad, das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen. Gegenüber der ORF-"Zeit im Bild" gab er sich wortkarg. Er habe sich in der noch überfüllten Einrichtung einen Überblick verschafft. Konrad: "Ich will was weiterbringen."

In Traiskirchen wurden vorerst die privat gespendeten Zelte am Gelände des Erstaufnahmezentrums abgebaut. Man hoffe, im Laufe des Donnerstags sämtliche Flüchtlinge in fixen Unterkünften unterzubringen, begründete das Innenministerium auf Anfrage der APA diese Maßnahme. Dies hänge auch davon ab, wie viele Asylwerber an diesem Tag in die Bundesländer überstellt werden. Der Belagsstand in Traiskirchen betrug Donnerstagvormittag 3.400. Davon seien noch 200 Menschen obdachlos gewesen, hieß es aus dem Ministerium, wo von einer weiteren Entspannung der Lage im Erstaufnahmezentrum die Rede war.

Die abgebauten Zelte, die über das gesamte Gelände des Erstaufnahmezentrums verstreut gewesen waren, würden sicher verwahrt, betonte man im Innenministerium. Sollten am Abend noch immer Menschen obdachlos sein, würde man die Notunterkünfte wieder aufbauen. Im Internet verbreitete Gerüchte, wonach die privat gespendeten Zelte "entsorgt" worden sein sollen, dementierte man.

Der Bau neuer Flüchtlingsunterkünfte im niederösterreichischen Berg hat auf slowakischer Grenzseite viel Unmut hervorgerufen. Grenznahe Vororte der slowakischen Hauptstadt forderten bereits die Polizei auf, in diesem Zusammenhang die Überwachung des slowakisch-österreichischen Grenzgebiets zu "intensivieren", berichteten am Donnerstag Medien an Ort und Stelle.

"Es freut uns keinesfalls, was (in Berg) abläuft, denn es liegt sehr nahe, viel näher als das Flüchtlingslager in Nickelsdorf," erklärte der Bürgermeister des Vororts Jarovce, Pavol Skodler, auch im Namen seiner Kollegen aus dem unweit gelegenen Orten Rusovce und Cunovo. Alle seien sich einig, dass es von Österreich oder den Bürgermeistern österreichischer Nachbargemeinden "anständig" gewesen wäre, die slowakische Seite im Vorfeld zu informieren, was an der gemeinsamen Grenze vorbereitet wird.

Im Bereich des einstigen Zollamts Berg in Niederösterreich werden aktuell Containerunterkünfte gebaut, in denen rund 60 Flüchtlinge aus Syrien Platz finden sollen. Damit sollen andere Flüchtlingslager entlastet werden. Das Areal gehört zwar zum niederösterreichischen Berg, liegt aber außerhalb der Gemeinde, nur rund 150 Meter von der Grenzlinie zur Slowakei und etwa 4 Kilometer vom Zentrum der slowakischen Hauptstadt entfernt.

Auch die Leitung der Hauptstadt Bratislava zeigte sich überrascht, dass man vom neuen Flüchtlingsquartier nicht bereits im Vorfeld unterrichtet wurde. Die österreichische Seite sei dazu auch nicht verpflichtet, so eine Sprecherin der Stadt. Laut Oberbürgermeister Ivo Nesrovnal sei der Aufbau einer Flüchtlingsunterkunft durchaus verständlich, es ist aber "notwendig zu kommunizieren und über aktuelle Probleme gemeinsam zu entscheiden," erklärte er der Agentur TASR gegenüber. Aus dem Innenressort selbst hieß es bereits am Mittwoch, man "will und kann sich in die Innenpolitik eines Nachbarlandes nicht einmischen." Innenminister Robert Kalinak wies aber zugleich auf "mehrere Risiken". Unter anderem liege das neue Containerstädtchen unmittelbar an einer frequentieren Verkehrsader zwischen zwei Regionen, wobei sich Flüchtlingskinder unmittelbar an der Straße bewegen werden, was nicht gut sei.

Indes zeigte sich der Bund offensichtlich bemüht, weitere Schlafmöglichkeiten für Asylwerber anzuschaffen: Im Amtsblatt der "Wiener Zeitung" (Donnerstag-Ausgabe) wurde ein Auftrag für "Stahlrohrbetten samt Zubehör für Flüchtlingsunterkünfte" ausgeschrieben.