Amnesty international (ai) präsentierte heute den Bericht über die Überprüfung des Erstaufnahmezentrums Traiskirchen. Die Situation in dem Erstaufnahmezentrum sei ein "Skandal der Nachlässigkeit und des Desinteresses", erklärte die Menschenrechtsorganisation. Generalsekretär Patzelt bezeichnete die Situation in Traiskirchen bei einer Pressekonferenz am Freitagvormittag als „selbst erzeugten Pseudo-Notstand“. Kritisiert wird die Unterbringung von Flüchtlingen in Bussen nach dem am 5. August verhängten Aufnahmestopp für Neuankömmlinge. Ressourcenknappheit könne in einem der reichsten Länder der Welt keine Erklärung für die Lage der Asylwerber in Österreich sein, so Patzelt. Außerdem stünde mit Schulbeginn die nächste „Katastrophe“ hinsichtlich der Unterbringung der Flüchtlinge bevor.

Das Innenministerium zeigte sich nicht überrascht und verwies auf die gestiegenen Asylwerberzahlen. "Was wir jetzt nicht brauchen, sind Polarisierungen und ein Wettbewerb in der Beschreibung von Missständen", so Ressortchefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), denn es sei jedem klar, dass die Situation nicht tragbar sei. Seit dem AI-Besuch seien bereits Verbesserungen vorgenommen worden, betonte die Ministerin. Eine nachhaltige Lösung sei aber nur auf europäischer Ebene möglich. 

Vertreter der Menschenrechtsorganisation hatten das Flüchtlingslager vorige Woche besucht, danach traf man zur Faktensammlung auch noch Beamte des Innenministeriums und den Bürgermeister der Gemeinde.

"Nicht für möglich gehalten"

Patzelt geiselte die fehlende politische Verantwortung: „Ich habe so etwas in Österreich nicht für möglich gehalten. Wachen wir endlich auf,“ sagte er. Daniela Pichler,  Leiterin des Research-Teams von Amnesty International Österreich, kritisierte die Administration für neu eintreffende Asylwerber sowie besonders auch die Zustände für Minderjährige, die derzeit nicht ausreichend geschützt seien. Patzelt forderte, dass jedes Kind einen Vormund erhalte.

Hilfsorganisationen und Oppositionsvertreter sahen sich durch die Erkenntnisse der Menschenrechtsorganisation ebenfalls bestätigt. Traiskirchen sei ein "Multi-Organversagen" der Republik, so die Volkshilfe. Die NEOS forderten ein professionelles Management durch einen Regierungskommissär. Die Grünen pochten auf "professionelle Hilfe" von Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen, Rotes Kreuz, Caritas oder Diakonie in Traiskirchen. Statt gegenseitiger Schuldzuweisungen brauche es einen Regierungskoordinator, hieß es auch bei den Grünen.

Querschüsse aus der Slowakei

Was die geplante Unterbringung von Flüchtlingen aus Traiskirchen im slowakischen Dorf Gabcikovo betrifft, stellte Premier Robert Fico am Freitag das bereits unterzeichnete Abkommen infrage. Das österreichische Innenministerium zeigte sich allerdings weiterhin zuversichtlich und hofft auf eine rasche Umsetzung.