Eigentlich liegt seit 2013 ein Demokratiepaket von SPÖ, ÖVP und Grünen im Parlament, der die Einführung von verpflichtenden Volksabstimmungen über Gesetze, wenn ein entsprechend erfolgreiches Volksbegehren vorangegangen ist, vorsieht. Doch in der Debatte im Rahmen der parlamentarischen Enquetekommission habe sich herausgestellt, dass viele grundrechtliche Probleme "nicht zur Gänze gelöst werden" konnten, sagte SPÖ-Verfassungssprecher Peter Wittmann am Montag bei einer Pressekonferenz. Und sein ÖVP-Gegenüber Wolfgang Gerstl ergänzte: Eine Zweidrittelmehrheit sei wegen sehr unterschiedlicher Positionen nicht machbar gewesen, daher "muss ich dieses Gesetzesvorhaben heute auf Eis legen".

Auf Landes- und Gemeindeebene aber will man weitergehende direktdemokratische Instrumente ermöglichen - für Themen, bei denen die Gesetzgebung Landessache ist. Dazu gehört unter anderem Gemeinde- und Baurecht, Raumordnung, Sozialhilfe oder Teile des Elektrizitätswesens. Man schaffe damit auf jenen Ebenen mehr Mitsprache, wo die Bevölkerung besonders involviert sei, so Gerstl. Im Gegensatz zum Bund müsse da außerdem keine Sorge haben, dass finanzstarke Kampagnen versuchen, "Gesetzestexte zu kaufen", wie es Wittman formulierte.

Anstatt die Bürger mit einer Befragung über ein fertiges Gesetz vor vollendete Tatsachen zu stellen, will man sie viel früher in die Gesetzwerdung einbinden, ist die Linie des Konzepts von SPÖ und ÖVP. Begutachtungsverfahren etwa sollen auf öffentlichen Plattformen diskutiert, die dortigen Beiträge in Anlehnung an Facebook auch "geliked" werden können. Via "Crowdsourcing" sollen die Bürger auch eigene Ideen einbringen können, so ein weiterer Vorschlag. Initiatoren von Volksbegehren sollen ein Rederecht in Ausschüssen bzw. Plenarsitzungen erhalten, wenn ihr Volksbegehren behandelt wird. Für informierte Bürger als Voraussetzung der Partizipation sollen politische Bildung ebenso wie das - noch nicht beschlossene - Informationsfreiheitsgesetz sorgen.

Die parlamentarische Enquetekommission trifft sich im September zu ihrer letzten Sitzung, dann soll auch der Abschlussbericht vorliegen. Über den werde man nun mit den übrigen Fraktionen anhand der heute vorgelegten Vorschläge sprechen, so Wittmann und Gerstl.

Keine Freude mit den Demokratie-Vorschlägen von SPÖ und ÖVP haben die Grünen. Verfassungssprecherin Daniela Musiol zeigte sich gar "verärgert". Zum einen nämlich darüber, dass die beiden Parteien ihr Fazit via Pressekonferenz kommunizierten, zum anderen über den Inhalt: Man lasse "im Kern alles beim Alten".

Dass die eigentlich ausverhandelten Pläne für automatische Volksbefragungen nach erfolgreichen Volksbegehren "ersatzlos fallengelassen" wurden, erzürnt die Grüne. Dabei habe man 2013 ohnehin eine "äußerst vorsichtige Form" der direkten Demokratie gefunden. Die Vorhaben auf Länderebene blieben "äußerst vage", zumal die wesentlichen Entscheidungen ja doch auf Bundesebene fielen.

Auch FPÖ und NEOS übten Kritik. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl ortete "Selbstherrlichkeit" bei Rot und Schwarz. Niki Scherak, Verfassungssprecher von NEOS, beklagte demokratiepolitischen Rückschritt statt Fortschritt.