Der erfolgreiche Fernsehmanager und Sozialdemokrat Gerhard Zeiler wäre unter bestimmten Umständen bereit, die SPÖ-Führung von Bundeskanzler Werner Faymann zu übernehmen. Dies erklärt Zeiler, der neben ÖBB-Chef Christian Kern in den vergangenen Monaten wiederholt als Kanzlerreserve und Kandidat für einen möglichen Neuanfang an der SPÖ-Spitze gehandelt wurde, im Interview mit dem Sonntags-"Kurier".

Leadership fehlt

"Ich war dem Land Österreich und meiner politischen Heimat, der Sozialdemokratie, immer verbunden. Und daher für den Fall, dass - was ich heute überhaupt nicht sehe - die Entscheidungsträger der SPÖ mich fragen sollten, ob ich Verantwortung übernehmen würde, dann wäre ich bereit, dann würde ich nicht Nein sagen. Aber das ist aus heutiger Sicht reine Spekulation, und das steht derzeit überhaupt nicht zur Diskussion", so Zeiler im "Kurier".

Auf die Frage, ob er sich den Job des Bundeskanzlers zutraue, meinte der Chef der Time Warner-Fernsehtochter Turner: "Es ist nicht eine Frage des Zutrauens oder des Wollens. Es gibt einen SPÖ-Vorsitzenden." Zeiler schloss sich zugleich der Meinung an, dass das Nicht-Handeln der Bundesregierung, das Nicht-Lösen von Problemen und der mangelnde Leadership eine Mitschuld an den Zuwächsen der FPÖ tragen würden.

Im "Kurier" nimmt Zeiler weniger zu Medienthemen denn zu aktuellen politischen Fragen - von der EU-Politik, über Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsfragen, die Ausländerthematik, den Wohnbau bis hin zur Bildung - Stellung und präsentiert damit eine Art politisches Programm. Obererste Priorität in Österreich habe laut Zeiler derzeit die Schaffung von Arbeitsplätzen. Zeilers Rezept gegen die herrschende EU-Verdrossenheit: "Erstens, aktive Politik machen. Man muss in der EU dafür kämpfen, dass die richtigen Prioritäten gesetzt werden. Das ist bei allem Verständnis nicht der digitale Binnenmarkt, sondern die Lösung der Flüchtlingsproblematik, des Steuerwettbewerbs, der Kontrolle der Finanzwirtschaft. Und was Österreich betrifft, so müssen auch wir viel aktiver sein. Ein bisschen ist es manchmal unsere Mentalität, den Kopf in den Sand zu stecken und zu hoffen, dass sich etwas von selbst löst. Beispiele AUA oder Hypo. Wir müssen Probleme angehen, wenn sie entstehen und nicht warten, bis sie sich von selbst vertschüssen. Das tun sie in der Regel nicht."

Nicht mit der FPÖ

Zeiler spricht sich darüber hinaus gegen SPÖ-Koalitionen mit der FPÖ aus. "Ich bin für Abgrenzen, aber nicht Ausgrenzen. Es kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein, eine Koalition mit einer populistischen Partei zu machen, die Europa schwächen will und auf die meisten Herausforderungen keine oder falsche Antworten hat." Mit den Argumenten der FPÖ müsse man sich jedoch ernsthaft auseinandersetzen. "Das sagt der Hausverstand und das ist notwendig aus Respekt vor deren Wählern. Aber das heißt nicht, dass man FPÖ-Positionen übernehmen soll."

Die Rot-Blaue Koalition im Burgenland bewertet Zeiler hingegen differenziert. "Nach meinem Kenntnisstand wäre eine Regierungsbeteiligung der FPÖ im Burgenland nicht zu verhindern gewesen, außer die 42-Prozent-SPÖ hätte der 29-Prozent-ÖVP den Landeshauptmann für fünf Jahre angeboten. Das wäre vielleicht doch etwas zu viel des Guten gewesen. Insofern habe ich ein gewisses Verständnis für die Gedankengänge der SPÖ im Burgenland." Bei allem Verständnis ist Zeiler aber "eher beim Nein" Richtung FPÖ. "Weil es einen Tabubruch ausgelöst hat. Weil damit einfach eine Grenze überschritten wurde, die bis dato innerhalb der Sozialdemokratie nicht nur in Österreich unverschiebbar gewesen ist."

Die Nachfolgediskussion um Bundeskanzler und SPÖ-Parteichef Werner Faymann, die Ende vergangenen Jahres um die Frage einer möglichen Kanzlertauglichkeit von ÖBB-Chef Christian Kern einen ersten Höhepunkt erreicht hatte, könnte mit Zeilers Aussagen im "Kurier" neu angefacht werden. Faymann geriet zuletzt in der eigenen Partei wegen der anhaltenden Wahlschlappen, der Rot-Blauen Koalition im Burgenland und der schlechten Umfrageergebnisse wieder zunehmend in die Kritik. ÖBB-Chef Kern hält Zeiler übrigens für "sicher politik-tauglicher als einige Politiker, die derzeit in Funktionen sind", wie er dem "Kurier" sagte.

Ex-Sprecher von Sinowatz und Vranitzky

Dass Zeiler zuletzt via Boulevard vom Umfeld Kanzler Faymanns als möglicher künftiger ORF-Chef ins Spiel gebracht wurde, nimmt der Fernsehmanager gelassen: "Ich kenne das nur aus der Zeitung. Mit mir hat niemand geredet. Aber wenn man mit mir reden sollte, würde ich sehr respektvoll dankend ablehnen. Das steht für mich nicht mehr zur Diskussion."

Zeiler war in den achtziger Jahren Pressesprecher der Bundeskanzler und SPÖ-Chefs Fred Sinowatz und Franz Vranitzky, danach wechselte er als Generalsekretär in den ORF, war Geschäftsführer bei den deutschen Privatsendern Tele 5 und RTL 2, eher 1994 ORF-Generalintendant wurde. 1998 übernahm Zeiler die RTL-Geschäftsführer und stieg in der Folge zum obersten Chef der RTL Group auf. Seit 2012 ist der erfolgreiche Medienmanager Präsident von Turner Broadcasting System International, der TV-Tochter von Time Warner, die Sender wie CNN, TNT oder Cartoon Network betreibt. Am 20. Juli wird Zeiler 60 Jahre alt.