"Es geht nicht", sagte der Justizminister am Samstag im Ö1-"Mittagsjournal". Er werde aber gemeinsam mit Heinisch-Hosek "versuchen, eine Lösung zu finden". Die Kritik in der Begutachtungsphase, dass es "nicht möglich wäre, zu unterscheiden zwischen im Prinzip noch tolerierbaren Berührungen und solchen, die es nicht mehr sind, muss man ernst nehmen", so der Minister. Das Urteil der Stellungnahmen sei "vom Gewicht" her "absolut negativ" ausgefallen. Er möchte nun über andere Möglichkeiten nachdenken und nannte einen Verwaltungsstraftatbestand als Variante. Aus der SPÖ erntete er am Samstag fortlaufend Kritik, die rote Frauenorganisation und die Parteijugend ärgerten sich in Aussendungen über Brandstetters Entscheidung.

Heinisch-Hosek wollte am Samstag jedenfalls kein Nein akzeptieren. "Wir haben vereinbart, dass sexuelle Belästigung strafbar sein muss", und sie habe "keinen Grund", anzunehmen, dass Brandstetter sich nicht daran halten werde. "Die sexuelle Integrität von Frauen muss ernst genommen werden." Was die Stellungnahmen betrifft, hat sie 29 gezählt, die sich für die ursprüngliche Formulierung im Begutachtungsentwurf aussprachen und 13, die für eine Präzisierung eintraten. 23 seien gegen die Bestimmung gewesen, somit sei das Verdikt insgesamt "eindeutig pro" ausgefallen.

Der Frauenministerin geht es um "sexuell konnotiertes unerwünschtes intensives Berühren", das jedenfalls strafbar werden müsse. Über allfällige Präzisierungen zu sprechen, kann sie sich vorstellen - ein "Verwässern" aber lehnt sie ab.

Verwässert wird ihrer Ansicht nach auch die Formulierung des neuen Tatbestands der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung. Hier wolle Brandstetter Anregungen aus der Begutachtung aufgreifen und sexuelle Gewalt nicht "ohne Einverständnis", sondern "gegen den Willen" des Opfers strafbar machen, so Heinisch-Hosek zum Entwurf für die Regierungsvorlage. Auch das komme für sie nicht infrage. Was etwa würde diese Änderung für das sogenannte "Freezing" ("ich erstarre vor Angst") bedeuten, fragt sie. Sie warnt davor, dass im Extremfall Frauen vor Gericht nachweisen müssten, dass sie sich aktiv gewehrt hätten.

Auch von anderen Seiten hagelte es am Samstag Kritik an Justizminister Brandstetter. So verlieh die neue Vorsitzende des Frauenrings, Sonja Ablinger, ihrer Verwunderung über seine Entscheidung Ausdruck. Die Grünen vermissen beim Ressortchef "Leadership".

Der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser vermutete, Brandstetter sei "vor einer hysterisch vorgetragenen Kritik in die Knie gegangen". Die Argumente des Ministers lässt er nicht gelten, denn "schon jetzt ist sexuelle Belästigung strafbar, allerdings nicht am Gesäß. Künftig hätte das Gesäß im Rahmen der geltenden Strafbestimmung schlicht mit umfasst werden sollen." Die Grüne Frauensprecherin Berivan Aslan verlangte von der SPÖ ein Veto gegen die StGB-Reform.

Auch der Österreichische Frauenring findet, "dass Argumente, wonach sexuelle Belästigung schwer zu fassen sei, wenig nachvollziehbar sind". Denn das Gleichbehandlungsgesetz für die Arbeitswelt formuliere diese eindeutig. Die frühere SPÖ-Abgeordnete Ablinger hält es daher für "nicht akzeptabel", dass "ein- und dieselbe Handlung wie der bis zum Überdruss diskutierte Griff aufs Gesäß zwar am Arbeitsplatz nicht erlaubt ist, aber außerhalb der Arbeitswelt und in der Öffentlichkeit damit weiterhin als 'Kavaliersdelikt' gelten soll".