Die Zahl der "außerordentlichen" Schüler - also der Kinder, die der Unterrichtssprache Deutsch nicht ausreichend folgen können - ist in Wien seit 2010 um 53 Prozent angestiegen. Sie dürfen am Unterricht teilnehmen, werden aber nicht benotet. Die ÖVP fordert nun eigene "Vorbereitungsklassen", für die SPÖ sind diese nicht notwendig.

SPÖ gegen "Ausländerklassen"

Im Schuljahr 2010/2011 gab es 7.900 betroffene Schüler, zuletzt waren es rund 12.100, wird in dem Bericht eine Anfragebeantwortung durch Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch (SPÖ) zitiert. Jeder fünfte Schüler mit Migrationshintergrund wird demnach als "außerordentlicher Schüler" geführt. ÖVP-Gemeinderätin Isabella Leeb nahm dies zum Anlass, eine Qualitätsoffensive in Schulen und Kindergärten zu fordern - und eben Vorbereitungsklassen.

Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl (SPÖ) sprach sich gegen "Ausländerklassen" aus. Sie begründete den Anstieg einerseits mit steigenden Flüchtlingszahlen, andererseits mit der Gesetzgebung. Denn es sei nicht möglich, ordentliche Schüler zu außerordentlichen umzustufen - wodurch Direktoren für Kinder mit Sprachdefiziten zunächst meist die Klassifizierung "außerordentlich" wählen.

Hundstorfer für "Crash-Kurs" vor Schulantritt

Auch SPÖ-Vertreter im Bund sprachen sich am Dienstag jedenfalls klar gegen eigene Klassen aus. Diese wären für SPÖ-Klubchef Andreas Schieder die "schlechteste Lösung", denn eine Sprache lasse sich am besten in der Umgebung anderer erlernen. Seiner Meinung nach müsse man bereits im Kindergarten ansetzen. Es brauche etwa Förderprogramme um soziale Ungleichheiten auszugleichen. Derartige Maßnahmen sollte man sich zuerst ansehen und "nicht nach Ghetto-Klassen schreien", so Schieder gegenüber Journalisten vor dem Ministerrat.

"Separat-Klassen halte ich nicht für sinnvoll", meinte auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ). Er kann sich etwa einen "Crash-Kurs in Deutsch" vor dem Schuleintritt vorstellen.

Wiens ÖVP-Bildungssprecherin Leeb bekräftigte in einer Aussendung hingegen ihre Forderungen. Sie sprach sich etwa für eine "ernsthafte Evaluierung" aller von der Stadt derzeit geführten Sprachfördermaßnahmen, eine intensivierte Kontrolle in Kindergärten und einer Entlastung der Lehrer durch Schulpsychologen sowie Verwaltungspersonal aus. Vorbereitungsklassen sollten für zugezogene Kinder und Jugendliche eingerichtet werden - wobei man die Lehrinhalte über das Thema Sprache hinaus auch auf gesellschaftliche und soziale Hintergründe erweitern müsse, wie Leeb befand.

Für den Wiener Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch (SPÖ) zeigt die Debatte um außerordentliche Schüler, dass es wichtig gewesen sei, "dass Wien auf die Verdoppelung der Mittel für Sprachförderung im Kindergarten gedrängt hat". Die Zahl der Sprachförderassistenten werde nun verdoppelt, hieß es in einer an die APA übermittelten Stellungnahme. Gleichzeitig nahm er die ÖVP in die Pflicht.

Wenn ÖVP-Gemeinderätin Isabella Leeb sich bei diesem Thema wirklich engagieren möchte, könne sie "sofort etwas tun": Einerseits solle sie sich gemeinsam mit der Stadt dagegen wehren, dass Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) den Schulen 300 Mio. Euro streiche und damit auch einen Ausbau der Sprachförderung verhindere. Zudem sei auch VP-Ministerin Sophie Karmasin gefordert, denn die 15a-Vereinbarung zum letzten verpflichtenden Kindergartenjahr laufe in wenigen Wochen aus. "Gerade dieses letzte Jahr ist aber für die Sprachkompetenz und den Übergang in die Schule besonders wichtig", zeigte sich Oxonitsch überzeugt.

Die Wiener Grünen sprachen sich am Dienstag ebenfalls gegen "Ausländerklassen" aus: "Kinder in Wiener Schulen sprechen aktuell über 80 verschiedene Sprachen. Dies ist ein ungeheures Potenzial und keineswegs eine Last", befand Rathaus-Klubobmann David Ellensohn in einer Aussendung. Schüler stundenweise aus dem Klassenverband herauszulösen, etwa während sprachorientierter Fächer, machen hingegen "durchaus Sinn". Auch zusätzliche Deutsch-Intensiv-Lerneinheiten am Nachmittag sind für die Grünen denkbar.

Der Wiener FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus verlangte in einer Aussendung, die langjährigen Forderungen der FPÖ "Deutsch vor Schule" und "Deutsch als Pausensprache" "endlich zu realisieren, um die Integration in den Bildungsstätten zu forcieren".