In einem Punkt waren sich alle einig: "Die Todesfahrten müssen endlich beendet werden", formulierte Mikl-Leitner gegenüber der APA. Dazu sei ein Paradigmenwechsel notwendig. Ziel müsse sein, dass die Flüchtlinge gar nicht erst in Versuchung kommen, mithilfe von "abscheulichen Schlepperbanden" den Weg über das Mittelmeer nach Europa zu suchen. Österreich habe mit dem "Save Lifes/Leben Retten" genannten Projekt bereits einen Ausweg aus der Krise vorgeschlagen. "Die Kommission hat unseren Vorschlag übernommen und erarbeitet jetzt ein Pilotprojekt", so die Innenministerin.

In den Lagern des UNO-Flüchtlings-Hochkommissariat (UNHCR) sollte unter sicheren und stabilen Bedingungen eine Erstprüfung stattfinden: "Wer tatsächlich Chance auf Asyl hat, wird dann für das konkrete Verfahren nach Europa gebracht. Den Hilfsbedürftigen muss aber klar gemacht werden, dass sie sich an das UNHCR wenden sollen und nicht an Schlepper. Es muss jedem klar sein, dass nur der sichere Weg über UNHCR nach Europa führt und nicht die Schleppermafia." In welchen Ländern Nordafrikas solche Zentren entstehen könnten, wollte Mikl-Leitner nicht dezidiert definieren. Sie verwies in diesem Zusammenhang aber auf die "Expertise" des UNHCR auf diesem Gebiet und in der Region.

Mikl-Leitner forderte auch einen "Verteilungsschlüssel auf ausnahmslos alle EU-Staaten". "Die massive Schieflage in Europa muss beendet werden. Österreich begrüße alle Vorschläge, "die dazu führen, dass es zu einer gerechteren Verteilung der Verantwortung innerhalb der EU bei der Aufnahme von Asylwerbern kommt." Einer Berechnung auf Basis Eurostat für das Jahr 2013 zufolge hätten Portugal, Tschechien, Rumänien, Estland, Slowakei, Lettland und Spanien die größte negative Quotenabweichung in Relation. Die größten "Übererfüller" waren laut Innenministerium Schweden, Malta, Österreich, Luxemburg und Belgien. "Bei einem automatisierten Verteilungsschlüssel hätte etwa Österreich im Jahr 2013 10.275 Asylwerber weniger zu versorgen gehabt."

FPÖ-Obmann Strache sieht anlässlich des jüngsten "unglaublichen Dramas" die EU und die "internationale Gemeinschaft" gefordert, auf "Hilfe vor Ort" zu setzen. Es brauche Aufnahme- und Unterstützungsmöglichkeiten "in den Krisenregionen der Welt", sagte er in der ORF-"Pressestunde". Er nannte ebenfalls "Auffanglager in Afrika" als Beispiel. "Wir werden doch nicht die Probleme dieser Welt lösen, indem wir alles nach Europa transferieren", will er auch "jene zur Verantwortung ziehen", die so manche Krise ausgelöst hätten, nämlich etwa seiner Ansicht nach die USA. Außerdem müsse Europa in den Quellländern stärker vor Wirtschaftsmigration warnen und andererseits die "Selbsternährungsfähigkeit" in den betroffenen Ländern mittels entsprechender "Projekte" fördern.

Die Grünen forderten die EU zum Handeln auf: "Wie viele müssen noch sterben, bis die EU und ihre Mitgliedsstaaten endlich handeln?", war Parteichefin Eva Glawischnig in einer Aussendung fassungslos. Menschenrechtssprecherin Alev Korun warf der EU auch Untätigkeit vor.

"Während Tag für Tag Flüchtlinge aus Syrien, Eritrea, Somalia und anderen Bürgerkriegsländern im Mittelmeer ertrinken, schauen EU und die meisten EU-Innenminister seit Jahren untätig zu. Das ist unerträglich", hieß es in einer Stellungnahme Koruns. Glawischnig formulierte, jedes Bootsunglück sei "ein schwarzer Tag für die Menschlichkeit und für die Grundsätze der europäischen Gemeinschaft."

Caritas-Chef Landau hegt Zweifel, ob die vorgeschlagenen Lager in Nordafrika tatsächlich jene Sicherheitsstandards garantieren können, die man von Europa fordern könne. Er forderte ebenfalls ein Umdenken in Europa: "Die EU-Staaten müssen mehr Mittel zur Verfügung stellen, aber nicht für mehr Grenzzäune, sondern für mehr Rettungsboote." Landau erinnerte an das eingestellte italienische Flüchtlings-Programm Mare Nostrum. "Das hat in einem Jahr so viel gekostet wie der kommende EU-Gipfel."

Derzeit sei eine "legale Einreise in Europa aus Armut de facto unmöglich", bedauerte Landau. Menschen auf der Flucht müsse aber die Möglichkeit gegeben werden, Europa legal zu erreichen. Papst Franziskus habe gesagt, dass Mittelmeer dürfe kein "Massenfriedhof" werden, erinnerte Landau. "Laut Schätzungen sind in den vergangenen Jahren aber mehr als 20.000 Menschen dort ertrunken."

Für Montag hat die Caritas ab 18.00 Uhr gemeinsam mit Organisationen wie dem Roten Kreuz und "SOS Mitmensch" zu einer Mahnwache am Minoritenplatz aufgerufen. Dort befinden sich das Innen- und das Außenministerium. Ein symbolischer Ort also, meint Landau: "Lampedusa grenzt auch an Österreich".

In dasselbe Horn stieß die "asylkoordination österreich" in einer Aussendung. Gefordert wurden Sofortmaßnahmen zur Bergung der Flüchtlinge aus dem Mittelmeer. Es müssten zudem Pläne für die Evakuierung aus Nord-Afrika gemacht werden. Damit Flüchtlinge gefahrlos nach "EUropa" gelangen und hier einen Asylantrag stellen können, müssten legale Einreisemöglichkeiten wie Resettlement, Humanitäre Aufnahmeaktionen und Visa-Erleichterungen ermöglicht werden.