Die Tiroler Bildungslandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) zeigte sich gegenüber der APA "weder überrascht noch erfreut" über das Ergebnis der Evaluierung. Die Ergebnisse seien natürlich "nicht erfreulich", aber sie seien auch "nicht aussagekräftig genug". Sie halte es für bedauerlich, dass man bei der Evaluierung nur einen Blick auf die ersten beiden Generationen (G 1 und G 2) geworfen habe - also auf die Startphase -, aber nicht auf die folgenden Generationen.

Seit damals seien schließlich massive Änderungen passiert. Sie hätte sich "Zwischenevaluierungen" gewünscht, meinte Palfrader. "Jede Systemänderung braucht Zeit, bis sie wirkt", betonte die Landesrätin. Es gelte, dem Schultyp Neue Mittelschule Zeit zu lassen. Man wisse aber auch, dass einiges zu verbessern sei. Es brauche etwa Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen für Pädagogen. Zudem sprach sich Palfrader für einen verstärkten Personalressourceneinsatz aus, um besser auf Begabungen und Neigungen der Schüler eingehen zu können. Die Schulen sollten überdies vor Ort im Sinne einer stärkeren Autonomie über zusätzliche Ressourcen entscheiden können.

Der steirische Bildungslandesrat Michael Schickhofer (SPÖ) bescheinigt der NMS gute Chancen: "Das Modell der Neuen Mittelschule hat auf jeden Fall Erfolgspotenzial - das zeigen alle Schulen, an denen die pädagogischen Konzepte wie das Teamteaching und Übungsbeispiele mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad in die tägliche pädagogische Arbeit eingeflossen sind". In der Umsetzung habe sich aber herausgestellt, dass gerade Teamteaching die Pädagogen vor teilweise große Probleme stellt. Daher sei die Begleitung der Schulen im Qualitätsmanagement und die Fortbildung der Lehrer entscheidend für den Erfolg der NMS. "Da liegt noch viel Arbeit vor uns", so der Landesrat.

Für Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sollte das Ergebnis des Evaluationsberichtes zur Neuen Mittelschule "ein Weckruf für alle Beteiligten" sein. Die Bemühungen seien zu intensivieren, ein Umbruch jahrzehntelang eingefahrener Strukturen sei nicht "per Fingerschnippen" erfolgreich umzusetzen, die Neue Mittelschule sei jedoch ein erster richtiger Schritt. "Langfristig muss es das Ziel einer verantwortungsbewussten Bildungspolitik sein, das Angebot von Ganztagsschulen mit verschränktem Unterricht flächendeckend auszubauen", erklärte Kaiser auf Anfrage der APA.

Für Christian Kompatscher, den Koordinator der Neuen Mittelschule in Vorarlberg, ist der Evaluationsbericht "kein Grund für ein Freudenfeuer, aber ein Grund, den Weg weiterzugehen". Er habe von allem Anfang an nicht "diese hohen Erwartungen" gehegt, dass sich die schulischen Leistungen gleich stark verbessern würden. Dazu seien auch die Rahmenbedingungen für den Schulversuch zu schnell verändert worden.

Die Richtung aber - die leichte Tendenz zu weniger Risiko-, dafür mehr Spitzenschülern - stimme, "auch wenn wir noch einen langen Weg vor uns haben", so Kompatscher gegenüber der APA. Nicht optimal gelöst sei mit Sicherheit die Frage der Beurteilung. Weiters gelte es Instrumente zu erarbeiten, mit deren Hilfe man rasch erkennen könne, "wo Kinder Defizite beim Lernen haben".

Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) tritt dafür ein, im Rahmen der Evaluierung der NMS auch Länderergebnisse zu veröffentlichen. Er sei überzeugt, dass es im Burgenland "deutlich bessere Ergebnisse" gebe als in anderen Bundesländern und halte es "für nicht angebracht, dass die Pädagogen in einen Topf hinein kommen und diese Leistung nicht honoriert wird", sagte Niessl zur APA.

Im Burgenland gebe es mit Mattersburg, Markt Allhau und Oberwart Schulen mit "österreichweitem Vorbildcharakter", die anderen 38 Neuen Mittelschulen (im Burgenland, Anm.) hätten dieses System übernommen. Zur Verbesserung der Situation schlägt Niessl vor, die Schulautonomie zu erhöhen sowie die Aus- und Fortbildung der Pädagogen zu verbessern. Außerdem müsse es eine zentrale Stelle zur Überprüfung der Qualität und der Einhaltung der Bildungsziele geben.

Auch die Wiener Bildungspolitik ist sich sicher, dass "ihr" NMS-Modell zu den besseren zählt: "Wir haben in Wien mit der Wiener Mittelschule ein Modell entwickelt, das in der Evaluierung zu jenen Schulen zählt, die gut abschneiden", so der Wiener Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch (SPÖ). Erfreulich sei auch, dass dieses auch von der ÖVP unterstützt werde. Insgesamt zeige sich in Wien genauso wie in allen anderen Bundesländern, dass "die Mittelschule dann funktioniert, wenn sie wie ursprünglich geplant umgesetzt wird: Also mit individuellen Förder- und Unterstützungsangeboten und mehr Ressourcen. Jetzt gilt es von den Besten zu lernen!"

"Mehr als enttäuschend" ist für die oberösterreichische Bildungs-Landesrätin Doris Hummer (ÖVP) dagegen das Ergebnis der NMS-Evaluierung. "Es zeigt sich einmal mehr, dass Reformen scheitern, wenn sie nur von oben herab verordnet werden", so Hummer in einer Aussendung. Man müsse die Lehrer vor Ort einbinden: "Reformen, die am Papier funktionieren, müssen in der Praxis noch lange nicht richtig sein. Reformen kann man nur mit den Menschen und nicht über sie machen."

In der Salzburger Schulbehörde hält man die Neue Mittelschule dagegen für deutlich besser als es die aktuelle Evaluierung vermuten lässt. Der zuständige Landesschulinspektor Josef Thurner sagte zur APA: "Man darf jetzt die Nerven nicht wegschmeißen, sondern muss im Detail nachbessern. Von Scheitern der Neuen Mittelschule kann keine Rede sein. Derartige Schlüsse sind voreilig und überzogen. Und außerdem sind die positiven Aspekte wie 'weniger Gewalt' und 'besseres Lernklima' als Resultat zwar nicht ausreichend, aber sehr wertvoll. Ich sage nach wie vor, das Geld ist gut investiert."

Kritischer ist der auch für Bildung zuständige Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP): "Nach diesem ernüchternden Ergebnis kann man nicht zur Tagesordnung übergehen. Eine der Schlussfolgerungen muss sein, dass die Schulen endlich mehr Autonomie bekommen, denn das ist der Schlüssel zu einem besseren Unterricht. Die Schulen sollen die Möglichkeit bekommen, ihre Mitarbeiter selbst auszusuchen", so Haslauer zur APA.

Niederösterreichs Bildungslandesrätin Barbara Schwarz (ÖVP) hält es angesichts des Evaluierungsberichts für einen großen Fehler, dass das NMS-System "viel zu schnell" implementiert worden sei, statt das Modell im Schulversuch langsam auszurollen und dabei aus Fehlern zu lernen. Den Lehrern sei nicht ausreichend Möglichkeit zu Schulungen bzw. Zeit zur Umstellung gegeben worden. Am Engagement fehle es sicher nicht - Schulen der ersten Generation hätten aber noch mehr Ressourcen und Begleitung bekommen als die folgenden.

Ein Zurück zur Hauptschule ist für Schwarz aber nicht zielführend. Wichtig sei vielmehr, eines der Ziele im Bildungspapier anzugehen: "Wir müssen mehr Autonomie in die Schulen geben", forderte sie. Schuldirektoren sollten die Werteinheiten nach dem jeweiligen Bedarf einteilen dürfen, verwies die Landesrätin auf regionale Unterschiede etwa bezüglich des Migrantenanteils in den Klassen.