Bundespräsident Heinz Fischer warnt vor einer Verschärfung der Sanktionspolitik gegen Russland in der Ukraine-Krise. Es wäre "unklug und schädlich" zu glauben, man könne Moskau auf diese Art so schwächen und unter Druck setzen, "um so alle eigenen politischen Zielsetzungen durchzusetzen", sagte Fischer in einem Jahresbilanz-Interview zur Austria Presse Agentur. Auch die EU habe in der Krise Fehler gemacht.

Fischer sprach sich im Interview für eine Anerkennung des Staates Palästina durch Österreich "zu einem geeigneten Zeitpunkt" aus. Im Kampf gegen den Jihadismus setzt der Bundespräsident darauf, "die Wurzeln zu bekämpfen", indem jungen Menschen "Zukunftsperspektiven" eröffnet werden. Österreich gehöre nicht zu den "Hauptzielscheiben" des Jihadismus, so Fischer, der sich trotz des "heftigen Betriebsunfalls" um das Interview von Ex-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner hinter das umstrittene König-Abdullah-Zentrum stellt.

Zuversichtlich zeigte sich Fischer, was eine Einigung im Atomstreit mit dem Iran betrifft. Angesichts der großen Annäherung bei den jüngsten Verhandlungen wäre es "von beiden Seiten unverantwortlich, das gemeinsame Ziel einer ausschließlich friedlichen Nutzung der Kernenergie im Iran im letzten Augenblick doch noch scheitern zu lassen".

"Solidarische Zusammenarbeit" in der EU

Die Wirtschafts- und Finanzkrise hätte Österreich weit mehr "durchgebeutelt", wäre das Land nicht Mitglied der Europäischen Union gewesen. Diese Ansicht äußerte Bundespräsident Heinz Fischer anlässlich des 20. Jahrestags des EU-Beitritt Österreichs am 1. Jänner 2015. Einen Zerfall der EU befürchtet Fischer trotz Differenzen - etwa mit Großbritannien - nicht.

Die "enge solidarische europäische Zusammenarbeit" in der EU sei etwas "Neues und Positives in der Geschichte", argumentierte das Staatsoberhaupt: "Alles, was an Kinderkrankheiten oder auch an Unzukömmlichkeiten existiert, ist ein Anlass für das Bemühen, es besser zu machen. Aber es ist kein Anlass zu sagen, wir schrauben das Rad der Geschichte um 50 oder 60 Jahre zurück."

Für das Jubiläumsjahr - 20 Jahre EU-Beitritt, 60 Jahre Staatsvertrag und 70 Jahre Gründung der Zweiten Republik - nimmt sich der Bundespräsident viel vor, handelt es sich doch um sein letztes volles Amtsjahr. Geplant sind unter anderem Reisen nach China und Lateinamerika. Er wolle "die Chancen nützen, die das Amt als Staatsoberhaupt bietet, um Österreich auf verschiedenen Landkarten zu platzieren" und es als Wirtschafts-, Wissenschafts- und Kulturnation "sichtbar" zu machen.