Wird der Sonntag zum Shoppingtag? Das Gros der Wiener Unternehmer wünscht sich jedenfalls die Einrichtung einer Tourismuszone inklusive Sonntagsöffnung. Das ist das zentrale Ergebnis der Wirtschaftskammer-"Urbefragung". Der ewige Zank darüber ist damit aber keinesfalls vom Tisch. Denn der Ball liegt nun bei den Sozialpartnern - und die haben am Dienstag alles andere als Einigkeit signalisiert.

Die Kammer hatte in den vergangenen Wochen medienwirksam an alle Mitglieder appelliert, am Votum teilzunehmen. Letzten Endes taten dies rund 16 Prozent: Knapp 14.500 von rund 90.000 verschickten Stimmzetteln wurden retourniert. Unter den Teilnehmern sprachen sich etwa drei Viertel - exakt 72,6 Prozent - für die Sonntagsöffnung bzw. eine Tourismuszone aus. Sie soll jedenfalls den ersten Bezirk umfassen - optional mit zusätzlichen Insellösungen. 800 zusätzliche Arbeitsplätze und Mehreinnahmen von mindestens 140 Mio. Euro stellt die Kammer den Betrieben in Aussicht.

Auftrag an Politik

Wirtschaftskammerchef Walter Ruck sah im Ergebnis einen klaren Auftrag an die Politik, die Sache rasch umzusetzen. Er selbst will möglichst bald mit der Gewerkschaft reden, wobei er nicht verhehlte, dass die Tourismuszone spätestens bis zum Song Contest im Mai eingerichtet werden sollte. Eine Einigung der Sozialpartner machte heute auch einmal mehr Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) zur Bedingung, um über die Sonntagsöffnung zu reden.

Nach schneller Lösung sieht es vorerst aber nicht aus. Denn Wolfgang Katzian, Chef der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp), ließ postwendend wissen, dass das Ergebnis weder überraschend sei noch "etwas an unserer Haltung zu Tourismuszonen in der Wiener Innenstadt" ändere. Denn angesichts der niedrigen Beteiligung lasse sich "selbst mit viel Phantasie" kein überzeugender Verhandlungsauftrag herauslesen. Im Zentrum der Verhandlungen würden aber freilich die Interessen der Handelsangestellten stehen, versprach man.

Über Minderheit abgestimmt

Ablehnend äußerte sich auch die rote Fraktion in der Wirtschaftskammer, der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband: "Unabhängig vom tatsächlichen Abstimmungsergebnis darf nicht vergessen werden, dass hier eine unbeteiligte Mehrheit über eine unmittelbar betroffene Minderheit abgestimmt hat und somit der Abstimmung demokratiepolitisch jegliche Legitimation fehlt." Die "Allianz für den freien Sonntag Österreich" und der "Katholische Familienverband der Erzdiözese Wien" konnten der Idee einer Sonntagsöffnung ebenfalls nichts abgewinnen.

Geradezu jubilierend war der Ton indes bei Wirtschafts- und Handelsvertretern: Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl forderte die Stadtregierung auf, das Votum zu akzeptieren und umzusetzen. Motto: "Was in acht anderen Bundesländern funktioniert, sollte doch auch in Wien möglich sein." Erfreut zeigte sich auch die Hoteliervereinigung. Denn um die 18 Mio. Nächtigungen bis 2020 zu schaffen, brauche es auch entsprechende Rahmenbedingungen.

Der Obmann der Sparte Handel, Erwin Pellet, zeigte sich ebenfalls höchst zufrieden mit dem Resultat: "Das ist ein klares Signal für ein Aufschließen von Wien zu anderen europäischen Weltstädten, wo es eine Selbstverständlichkeit ist, dass Touristen am Sonntag einkaufen können." Es gehe ja nicht darum, am Sonntag aufsperren zu müssen, sondern zu dürfen. Lob für das Unternehmervotum gab es auch vom Handelsverband. Nun gelte es seitens der Politik Maßnahmen zu setzen, "damit die Wiener Unternehmen jenen Beitrag zum Wirtschaftswachstum leisten können, den sie leisten wollen".