Als Hauptverdächtiger gilt ein in Wien festgenommener serbischer Staatsbürger und mutmaßlicher Hassprediger. Laut bosnischen Medienberichten handelt es sich dabei um Mirsad O., der in der serbischen Kleinstadt Tutin im Sandschak geboren worden sein soll, jedoch später der Wahhabiten-Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina angehört habe. Von der Staatsanwaltschaft Graz gab es auf Anfrage der APA am Freitag keine Bestätigung für die Identität der Festgenommenen.

Die überregionale Polizeiaktion begann in den frühen Morgenstunden. Laut Staatsanwaltschaft Graz, unter deren Federführung die Polizeioperation lief, wurden 16 Personen in der Steiermark, Wien und Oberösterreich zur Einvernahme vorgeführt. Bei den Hausdurchsuchungen seien unter anderem terroristisches Propagandamaterial, elektronische Datenträger, Bargeld und ein Schlagring beschlagnahmt worden. In dem Ermittlungsverfahren gehe es um den Verdacht der Mitgliedschaft in terroristischen Vereinigungen "im Zusammenhang mit der Rekrutierung junger Menschen für den syrischen Bürgerkrieg".

Grundlage für das Einschreiten der Polizei waren laut einer internen Mitarbeiterinformation des Innenministeriums Ermittlungsergebnisse des Verfassungsschutzes. Demnach habe sich der dringende Verdacht gegen mehrere Personen erhärtet, dass sie junge Muslime radikalisieren, für die Teilnahme an terroristischen Kampfhandlungen in Syrien anwerben und in das Kriegsgebiet entsenden.

Mikl-Leitner betonte in einer Stellungnahme zu dem Polizeieinsatz gegenüber der APA, "dass wir bis zum jetzigen Zeitpunkt von einem bemerkenswerten Erfolg sprechen können". Im "Ö1-Mittagsjournal" sagte die Innenministerin, die Ermittlungsarbeiten im Vorfeld der Großrazzia hätten "über ein Jahr" gedauert. Mikl-Leitner sprach von einem "Großschlag gegen die Jihadisten".

Der "Standard" (Online) schrieb am Freitag, der Einsatz habe sich vor allem gegen zwei Personen gerichtet: einen Bosnier, "einen Prediger in der steirischen Landeshauptstadt", und den unter dem Namen Ebu Tejma auftretenden Mirsad O. Der Hauptverdächtige in Graz soll demnach bereits einmal kurzfristig festgenommen, aber wieder entlassen worden sein.

In Österreich hielt Tejma den Angaben laut der "Presse" mehrfach als Gast Vorträge und Predigten in der Altun Alem-Moschee in Wien-Leopoldstadt. Der Staatsschutz habe dieses Gebetshaus schon länger unter Beobachtung. Der Imam dort heiße Adem D.

D. und Ebu Tejma würden europäische Nachrichtendienste und Islamismusexperten als Vertraute eines gewissen Nusret Imamovic kennen, so die "Presse". Seit einigen Jahren schon führe er als Dorfvorstand das nordostbosnische Örtchen Gornja Maoca an, in dem die Wiener Verbindungsleute auch mehrfach zu Besuch gewesen seien.

Das Dorf habe sich von der Außenwelt abgekapselt und lebe streng nach der Sharia und den Ideen des salafistisch-jihadistischen Ideologen Abu Muhammad al-Maqdisi, der zuletzt weltweit Muslime zur Loyalität gegenüber Al-Kaida aufgerufen habe.

Mirsad O. war dieses Jahr bereits im Juli und im September vor Gericht in Erscheinung getreten. Weil er in Tageszeitungen als "Hassprediger" bezeichnet wurde und zwei Mädchen, die seit geraumer Zeit verschwunden sind, islamistisch radikalisiert haben soll, hatte er wegen übler Nachrede geklagt.

Der 32-jährige Prediger bekam für die zweite Behauptung nicht rechtskräftig eine Entschädigung von 2.500 Euro zugesprochen. Er klagte auch gegen die Tageszeitung "Österreich", die geschrieben hatte, der Imam habe die 15 bzw. 16 Jahre alten Mädchen in den sogenannten "Heiligen Krieg" getrieben. Diese Verhandlung fand im September statt und war vertagt worden.

Die beiden Wiener Jugendlichen machten sich im April auf den Weg nach Syrien, um dort nach eigenen Angaben im Bürgerkrieg zu kämpfen. Die Familien der beiden bosnischstämmigen Mädchen begaben sich verzweifelt auf die Suche, bisher sind die Mädchen nicht wieder aufgetaucht.

"Ebu Tejma", widersprach vor Gericht den von den Zeitungen aufgestellten Behauptungen. Er würde "niemals" predigen, dass gläubige Muslime in einen bewaffneten Krieg ziehen sollen. "Wenn jemand zu mir kommen würde und mich fragen würde, ob er das tun soll, dann würde ich sagen, machen Sie das nicht. Gehen Sie in die Schule, machen Sie Karriere", sagte er vor dem Richter.