Noch schlechter schnitt Faymann Freitagabend bei der davor abgehaltenen Vorstandswahl ab, wo er überhaupt nur 83,6 Prozent erzielte. Da dürfte dem ein oder anderen Delegierten dann doch der Schreck in die Knochen gefahren sein, denn normal geht es im Präsidium mit dem Ergebnis des Vorsitzenden noch einmal bergab.

Diesmal konnte sich Faymann wenigstens ein bisschen steigern. Euphorisch reagierte er deswegen dennoch nicht. Zwar gebe es ein kleines Plus gegenüber 2012, das Ergebnis zeige aber, dass er noch viel an Überzeugungsarbeit zu leisten haben werde. Immerhin las er aus dem Resultat heraus, dass die SPÖ eine Partei sei, die das Wort Freundschaft ernst nehme.

Dass ihn sein neuerlich schwaches Parteitagsergebnis für die Steuerreformverhandlungen schwächt, glaubt Faymann nicht. Die Position der Partei sei durch die von der Gewerkschaft gesammelten Hunderttausenden Unterstützungsunterschriften gestärkt. "Die Sozialdemokratie ist gerade bei diesem Thema nicht zu unterschätzen", sagte Faymann nach dem Parteitag vor Journalisten.

Keine Schwächung sieht auch ÖGB-Präsident Erich Foglar, der zuvor noch zur Stärkung des Verhandlungsteams aufgerufen hatte. Ihm sei es um die inhaltliche Stärkung gegangen und das werde mit den am Samstag am Parteitag anstehenden Beschlüssen auch geschehen, sagte Foglar der APA.

"Ich bin Gewerkschafter, es zählt das Ergebnis das ich für die Leute heimbringe. Ob ich es mit 81, 83, 85 oder 95 Prozent heimbringe, ist egal", betonte Foglar. Wichtig sei eine Lohnsteuersenkung, die sich die Arbeitnehmer nicht selbst finanzieren müssen.

Mit verantwortlich für das enttäuschende Abschneiden des Parteivorsitzenden war wohl seine 45-minütige Rede zuvor, die allenfalls solide war, die Delegierten aber keineswegs mitriss. Zwar gab es stehende Ovationen zum Abschluss, die waren aber eher der Tradition geschuldet als realer Begeisterung über das Gehörte. Zwischenapplaus war während der Rede kaum einmal zu vernehmen.

Während sich auch Gewerkschafter und Senioren den Mund für Faymann fusselig redeten, war die Partei-Linke nicht gnädig zu stimmen. So wandte sich etwa die Bundesvorsitzende des VSStÖ, Rasha Abd El Mawgoud, vehement gegen "Pseudo-Scheingeschlossenheit", die sie etwa angesichts der steigenden Jugendarbeitslosigkeit nicht aufbringen könne. "Eine Partei, die immer davon spricht, geschlossen zu sein, wird auch geschlossen sein - aber im Sinne von zug'sperrt", warnte Boris Ginner, der niederösterreichische Chef der Sozialistischen Jugend.

Dass der Revolutionsgeist der SJ freilich auch nicht bei allen Delegierten gut ankam, zeigte sich am Abschneiden ihrer Vorsitzenden Julia Herr bei der Vorstandswahl. Dort erzielte sie mit 90 Prozent das drittschlechteste Ergebnis in dem Gremium nach Faymann und Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek, die wie schon davor bei der Bundesfrauenkonferenz abgestraft wurde und sowohl im Vorstand als auch im Präsidium relativ knapp unter der 90-Prozent-Marke blieb.

Am Samstag wird der SPÖ-Parteitag mit der Diskussion der Anträge sowie einer prominent besetzten Podiumsdiskussion zum Thema Europa abgeschlossen. Insgesamt gut 180 Anträge, darunter 14 Leitanträge, liegen den Delegierten vor, darunter das Steuerreform-Konzept des ÖGB plus Millionärs- und Erbschaftssteuer sowie wieder einmal Gesamt- und Ganztagesschule. Bei der Podiumsdiskussion wird sich Parteichef Faymann mit dem Präsidenten des Europaparlaments, den Deutschen Martin Schulz, sowie dem neuen schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven austauschen.