Der Industriellenvereinigung (IV) gehen die Pläne der Koalition für eine Steuerreform nicht weit genug. Die fünf bis sechs Milliarden Euro von ÖVP bzw. SPÖ seien zwar "besser als gar nichts" aber "zu wenig", befand IV-Präsident Georg Kapsch am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Er plädiert für 15 Mrd. bis nach 2020. Das Bildungskonzept der IV hält er in ein bis zwei Legislaturperioden umsetzbar.

Probleme nur mit der FPÖ

Verdächtigungen, dass die Industrie die Parteien, vor allem die ÖVP, über Spenden finanziert, wies Kapsch zurück. "Wir sind grundsätzlich keine Spendenwaschmaschine". Es gebe keine Spenden und die IV finanziere auch keine Partei, betonte Kapsch. Er gestand aber zu, dass man Projekte mit verschiedenen Parteien mache. Ausnahme sei die FPÖ, "da hätte ich Probleme". Grundsätzlich bezeichnete er das Verhältnis sowohl zur ÖVP als auch jenes zur SPÖ als "gut".

Für die Steuerreform wünscht sich Kapsch jetzt ein Gesamtkonzept, die einzelnen Maßnahmen der von der IV geforderten Entlastung um 15 Mrd. könnten dann in drei Etappen bis nach 2020 umgesetzt werden. Zwei Drittel davon sollten in die Entlastung der Tarife für Arbeitnehmer und ein Drittel in die Senkung der Lohnnebenkosten für Unternehmen gehen.

Fünf Milliarden bei Pensionen einsparen

Finanzieren will Kapsch die Steuerreform nicht über höhere Schulden und einer weitere Anhebung der Abgabenquote, sondern primär über die Ausgabenseite. So will er fünf Milliarden bei den Pensionen einsparen. Dabei strebt er die auch von der ÖVP propagierte Pensionsautomatik mit der Koppelung des Pensionsalters an die Lebenserwartung sowie langfristig eine Umstellung vom beitrags- auf ein leistungsorientiertes System an. Bei Mehrfachförderungen könnte man seiner Meinung nach fast zwei Milliarden, in der Verwaltung rund 4,5 Milliarden und in der Gesundheit 1,6 Milliarden einsparen. Zudem würde sich ein Teil der Reform selbst finanzieren.

Vorstellen kann sich Kapsch, zur Entlastung kleiner Einkommen den Steuersatz für Güter des täglichen Bedarfs von 10 auf 5 Prozent zu senken. Bei der Grundsteuer könnte man nach Ansicht des IV-Präsidenten 500 Millionen heben, indem man nicht nur bei den Einheitswerten ansetzt, sondern das ganze System ändert mit Hebesätzen und auch die Nutzung berücksichtigt. Die Gruppenbesteuerung für Unternehmen hält er für "fair", weil Unternehmen Arbeitsplätze im Inland sichern, wenn sie im Ausland stark sind. Vermögenssteuern sowie Erbschafts- und Schenkungssteuern lehnte er neuerlich ab.

Bildung: IV macht ÖVP Druck

Das Bildungskonzept der IV hält Kapsch in ein bis zwei Legislaturperioden für umsetzbar. Er geht nicht davon aus, dass es am Widerstand der ÖVP scheitern wird, auch der Bildungsberater der ÖVP habe sich positiv geäußert, ebenso stünden einige Landeshauptleute dahinter. Die finanziellen Auswirkungen seines Konzepts habe er zwar noch nicht durchgerechnet, aber in den Niederlanden lägen mit einem ähnlichen Modell die Kosten pro Schüler mit 7.000 Euro um 2.000 Euro unter jenen in Österreich. Das Konzept sei jedenfalls mit vielen internationalen Fachleuten erarbeitet und nicht mit politischen Parteien abgestimmt worden.

Das IV-Modell sieht eine ganztätige gemeinsame Schule für alle Kinder von sechs bis 14 Jahren vor, die mit einer mittleren Reife abschließt. Die Matura will Kapsch ebenso wenig abschaffen wie die Noten, dazu sollte es aber parallel eine qualitative Beurteilung geben. Die Schule soll weiter mit dem sechsten Lebensjahr beginnen, davor soll es aber ein verpflichtendes Kindergartenjahr und ein weiteres gemeinsames Jahr für einen besseren Übergang vom Kindergarten in die Volksschule geben.

Zur Diskussion um die Staatsholding ÖIAG sagte Kapsch, die Selbsterneuerung des Aufsichtsrates sei ein gutes Experiment gewesen, das Modell habe sich aber "überlebt". Er habe Verständnis dafür, dass der Eigentümer auch Einfluss nehmen will. Die IV werde genau beobachten, wie die Funktionen in der Staatsholding in Zukunft besetzt werden, Leute aus Kammern und Verbänden hätten dort nichts verloren.