In einer Pressekonferenz erhielt Rasinger dabei Unterstützung von ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka. Rund 80 Prozent aller Gesundheitsprobleme seien durch den praktischen Arzt lösbar, meinte dieser, und das auch noch kostenschonend. Das Gesundheitssystem Österreichs koste jährlich 33 Mrd. Euro, aber nur eine davon entfalle auf Gebietskrankenkassenverträge mit Allgemeinmedizinern. Außerdem entspreche die Grundversorgung durch den Hausarzt dem erklärten Wunsch der Bevölkerung, verwies Lopatka auf eine kürzlich von der Ärztekammer präsentierte Umfrage.

In jeder der rund 2.300 Gemeinden Österreichs wieder einen Hausarzt zu installieren, sei finanziell "locker drin", meinte Rasinger in Richtung der Krankenversicherungen. Zusätzlich müsse alles getan werden, um vorausschauend einen drohenden Hausärztemangel hintanzuhalten. Weil in Deutschland und der Schweiz zu wenig Ärzte ausgebildet würden, entstehe nämlich - bedingt durch die bessere Bezahlung - ein enormer Sog dorthin.

Der ÖVP-Gesundheitssprecher wünscht sich als Gegenmaßnahme flexiblere (etwa teilbare) Kassenverträge, weniger Bürokratie, die Angleichung der Bezahlung an die Fachärzte und den Erhalt der Hausapotheken. Auch die kürzlich beschlossene Reform der Ärzteausbildung hob er hervor. Als wichtigen Schritt nannte er die verpflichtende Lehrpraxis. Für die Finanzierung sei man in guten Gesprächen zwischen Krankenkassen, Ländern und dem Bund.

Bei den anderen Parlamentsfraktionen sorgte der ÖVP-Vorschlag für wenig Begeisterung. SPÖ-Gesundheitssprecher Erwin Spindelberger meinte in einer Aussendung, sich nur auf den Erhalt des Hausarztes zu versteifen, zeige, dass die ÖVP die Zeichen der Zeit nicht erkannt habe. "Wir wollen ein professionelles Team rund um die Patientinnen und Patienten aufbauen, in dem natürlich auch der Hausarzt eine Rolle spielt - aber nicht als universelles 'Allheilmittel'."

Für die Grünen betonte Eva Mückstein, dass in der Primärversorgung eine Zusammenarbeit mehrerer Gesundheitsberufe auf Augenhöhe wichtig sei. "Als Voraussetzung für die Kooperation müssen auch die anderen Gesundheitsberufe einen Kassenvertrag bekommen." Das Vorgehen von ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger bezeichnete sie als heuchlerisch, schließlich sei die ÖVP als Regierungsfraktion mitverantwortlich für den Hausärztemangel.

Kritik übten auch die NEOS. Die ÖVP nehme die Gesundheitsreform mit den geplanten multidisziplinären Strukturen in der Primärversorgung nicht ernst. "Sie versucht erneut, einen Keil zwischen die Gesundheitsberufe zu treiben und blendet dabei jegliche wissenschaftliche Erkenntnisse der letzten 50 Jahre aus", so Gesundheitssprecher Gerald Loacker.

FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein gab Rasinger dagegen inhaltlich recht, denn der Hausarzt sei wichtig und bilde das Rückgrat der medizinischen Versorgung. Es seien allerdings ÖVP und SPÖ, die "eifrig daran arbeiten, dieses Rückgrat zu brechen", meinte sie. Rasingers Besorgnis um die Hausärzte falle daher eher in die "Haltet den Dieb"-Kategorie.