Der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts, Karl Aiginger, hält die Probleme angesichts der Flüchtlingsbewegungen nach Europa für "managebar". Zur Bewältigung der Herausforderungen am heimischen Arbeitsmarkt fordert er eine kombinierte Arbeitsmarkt- und Flüchtlingsstrategie, man dürfe die Bereiche nicht gesondert betrachten. Leicht werde es freilich nicht, sagte er in der ORF-"Pressestunde".

Aiginger erinnerte am Sonntag daran, dass Österreich in der Vergangenheit von Zuzug profitiert habe. Seit dem Zweiten Weltkrieg habe das Land zahlreiche Flüchtlinge und Migranten aufgenommen und sei in dieser Zeit zu einem der fünftreichsten Länder Europas geworden - und die Beschäftigungsquote sei stark gestiegen.

"Ungünstiger Zeitpunkt"

Dennoch sei das nunmehrige Problem anders als bei den bisherigen Flüchtlingsbewegungen, sagte Aiginger. Denn die Betroffenen würden von "sehr viel weiter" her kommen, teilweise aus einem anderen Kulturkreis. Österreich habe heute eine höhere Arbeitslosigkeit und auch eine hohe Staatsverschuldung, so gesehen sei es ein "ungünstiger Zeitpunkt" für die Aufnahmen von weiteren Flüchtlingen.

"Dennoch ist das Problem wahrscheinlich zu managen", sagte der Wifo-Chef. "Meine Antwort darauf: Es muss eine kombinierte Arbeitsplatz- und Flüchtlingsstrategie geben." Denn dann werde man für die heuer erwarteten 30.000 Asylberechtigten auch Jobs finden.

500 Millionen heuer

Zu den zu erwartenden Kosten meinte Aiginger, das Wifo gehe derzeit von 500 Millionen Euro für 2015 und 750 Millionen Euro für 2016 aus. Die Arbeitslosigkeit werde kurzfristig um etwa 0,1 Prozentpunkt ansteigen. Gleichzeitig betonte er, dass er ab etwa dem dritten Jahr damit rechne, dass der Zuzug von Flüchtlingen volkswirtschaftlich gesehen auch Erträge liefere. "Man darf nicht nur die Kostenseite, sondern auch die mittelfristige Ertragsseite sehen."

Auch forderte Aiginger einen kreativen Umgang mit der Bewältigung der zu erwartenden Probleme ein: Das AMS müsse ausreichend Schulungen und Deutschkurse anbieten. Jugendliche Flüchtlinge könnte man etwa via Handy-Apps und Gewinnspielen zum Deutschlernen motivieren, so ein Vorschlag des Wifo-Chefs. Auch die Selbstständigkeit sei ein Weg, Asylberechtigte am Arbeitsmarkt unterzubringen. So könne man etwa Einzelpersonen die Möglichkeit einräumen, am Sonntag Geschäfte aufzusperren.

Asyl auf Zeit?

Gefragt, ob der ÖVP-Vorschlag nach einem "Asyl auf Zeit" (grundsätzliche neuerliche Überprüfung der Asylberechtigung nach drei Jahren) sinnvoll ist, sagte Aiginger: "Das ist ein Vorschlag, der nicht sinnlos ist - eine ganz große Reduktion wird nicht herauskommen." Er verwies darauf, dass schon jetzt die Möglichkeit besteht, Flüchtlingen den Asylstatus nach fünf Jahren abzuerkennen. "Es ist ein kleiner Vorschlag, ein großes Problem eine Nuance kleiner zu machen."

Den Forderungen nach einer gerechteren Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU schloss sich Aiginger an. "Das hat in kleinen Ansätzen jetzt schon begonnen." In jedem Fall brauche es "Willkommenssignale" aus allen EU-Ländern, auch jenen, die derzeit nicht bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen.