Mit Jubel haben Menschen in vielen arabischen Staaten auf die Anerkennung Palästinas als Beobachterstaat durch die Vereinten Nationen reagiert. Die Vollversammlung der UNO in New York beschloss am Donnerstagabend mit überwältigender Mehrheit die Aufwertung. Israel und die USA kritisierten das Votum, die EU zeigte sich gespalten.

Bei der Anerkennung als Beobachterstatus handelt es sich zwar nicht um die bei der Vollversammlung vor einem Jahr noch angestrebte Vollmitgliedschaft. Doch der Status gilt als wichtiges Instrument im Nahost-Konflikt: Palästina kann nun internationalen Verträgen beitreten und so etwa den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag anrufen. Auch war der Beobachterstatus in der Vergangenheit für viele Länder ein Sprungbrett zur Vollmitgliedschaft.

Für den Antrag stimmten 138 Staaten. Die USA, Israel und sieben weitere votierten dagegen. 41 Länder enthielten sich der Stimme. Die Europäische Union zeigte sich in der Frage gespalten. So signalisierten 14 hauptsächlich westeuropäische Länder, darunter auch Österreich, ein "Ja" für die Aufwertung Palästinas. Deutschland, Großbritannien und osteuropäische Staaten enthielten sich. Tschechien stimmte als einziger Unionsstaat gegen den Antrag.

Ablehnung bei den USA

Israel und die USA lehnen die Aufwertung des Status der Palästinenser bei den Vereinten Nationen ab, solange diese keinen Frieden mit Israel schließen. US-Außenministerin Hillary Clinton sprach von einem "unglücklichen und kontraproduktiven" Schritt, da einem Friedensschluss Steine in den Weg gelegt worden seien. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu verurteilte die Rede des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas vor der UNO als "feindselig und giftig". Das seien nicht die Worte eines Mannes, der sich um Frieden bemühe. Die Entscheidung habe keine Bedeutung, sie ändere nichts am Status quo.

Abbas hatte zuvor von der UNO-Vollversammlung die Anerkennung eines Staates Palästina mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt verlangt. "Ich rufe die Vollversammlung auf, heute die Geburtsurkunde eines Staates Palästina auszustellen", sagte er. "Wir werden nicht weniger akzeptieren als die Unabhängigkeit eines Staates Palästina mit Ost-Jerusalem als seiner Hauptstadt - auf dem gesamten Territorium, das 1967 besetzt wurde - um in Frieden und Sicherheit neben Israel zu leben."

Abbas erhob aber schwere Vorwürfe gegen Israel: "Wir kommen zu Ihnen noch mit offenen Wunden von der jüngsten israelischen Aggression. Wir begraben noch unsere Märtyrer", sagte er. "Unsere friedlichen politischen und diplomatischen Bemühungen um Anerkennung als Beobachterstaat wurden von Israel mit einer Flut von Bedrohungen beantwortet", sagte Abbas. Einige dieser Drohungen seien "in barbarischer und furchtbarer Weise umgesetzt worden, gerade vor wenigen Tagen in Gaza".

Die Hamas, die im Gazastreifen regiert, erklärte die Anerkennung Palästinas zu einem Schritt hin zur "Vereinigung der nationalen Anstrengungen der Palästinenser". Hamas-Chef Khaled Meshaal sagte, es könne nun eine Aussöhnung mit der Fatah geben, die im Westjordanland an der Macht ist. "Ich bin optimistisch", sagte Khaled Meshaal der Nachrichtenagentur Reuters. Es gebe eine neue Stimmung, die eine gemeinsame Führerschaft erlaube.

Israel empört

Israels UNO-Botschafter Ron Prosor warf den Palästinensern vor, entgegen ihren Beteuerungen nicht den Frieden zu suchen. "Israel will Frieden. Wir haben immer wieder die Hand ausgestreckt. Die Antwort waren Zurückweisung, Gewalt und auch Terrorismus", sagte der Diplomat. Die Palästinenser hätten jedes Zugeständnis für neue Aggressionen genutzt. "Der Gazastreifen hat sich zu einer einzigen Raketenabschussbasis gegen Israel entwickelt. Und wir werden nicht zulassen, dass es eine Basis für den iranischen Terrorismus wird."

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon rief Israel und die Palästinenser zu verantwortungsbewusstem Handeln auf und appellierte an die internationale Gemeinschaft, neue Verhandlungen voll zu unterstützen. "Ich glaube, dass die Palästinenser das Recht haben, in ihrem eigenen unabhängigen Staat zu leben. Ich glaube, dass Israel das Recht hat, in Frieden und Sicherheit mit seinen Nachbarn zu leben", sagte Ban vor der Vollversammlung.

Tausende Palästinenser feierten in der Nacht im Westjordanland und im Gazastreifen mit Feuerwerk, Hupkonzerten und Schüssen in die Luft das Votum in der UNO. "Ich kann unsere Gefühle kaum in Worte fassen. Alles was ich jetzt sagen kann ist, dass ich so stolz bin, Palästinenser zu sein", meinte Mohamed Humaid, ein Bewohner des Gazastreifens. "Heute haben wir den Beobachterstatus erlangt und bald werden wir ein Vollmitglied sein", sagte der 27-Jährige.

In einer ersten Reaktion aus Österreich begrüßte die grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek die Aufwertung Palästinas und das "Ja"-Votum Österreichs dafür. "Nun muss auch die EU als Ganzes diese Entscheidung unterstützen und endlich mit einer Stimme sprechen", forderte die außenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Europaparlament.