Im Gaza-Konflikt haben sich Israelis und Palästinenser am Freitag gegenseitig den Bruch einer vereinbarten Waffenruhe vorgeworfen. Auch während des Besuchs des ägyptischen Ministerpräsidenten hätten radikale Palästinenser in nur zwei Stunden rund 50 Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert, teilte die Armee am Freitag mit. Die radikal-islamische Hamas feuerte nach eigenen Angaben eine Rakete auf Tel Aviv ab. Nach Polizeiangaben landete das Geschoß aber im Meer.

Nach Darstellung der in dem Küstenstreifen herrschenden radikal-islamischen Hamas griff Israel während des Solidaritätsbesuchs von Hisham Kandil aus der Luft an und tötete zwei Menschen. Die israelischen Streitkräfte erklärten dagegen, nach Eintreffen des Ägypters in der Enklave habe es keine Angriffe mehr gegeben.

Die Regionalmacht Ägypten, die regelmäßig zwischen beiden Parteien vermittelt, schlug sich auf die Seite der Palästinenser. Regierungschef Kandil verurteilte die israelischen Angriffe als "Aggression". Die internationale Staatengemeinschaft dürfe "diese Tragödie" nicht stillschweigend an sich vorbeiziehen lassen. Die islamische Regierung in Kairo werde alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um einen dauerhaften Waffenstillstand zwischen Israel und den Palästinensern zu erreichen. Aus palästinensischen Kreisen erfuhr Reuters, während des Besuch Kandils sei an einer Entspannung des Konflikts gearbeitet worden: "Es wurde ein Prozess begonnen, um die Möglichkeit eines Waffenstillstands auszuloten." Noch sei es aber zu früh, um Details zu nennen.

Während des dreistündigen Besuches des Ägypters hielten die Angriffe im Grenzgebiet an. Beiden Seiten beschuldigten sich gegenseitig, die vereinbarte Waffenruhe durchbrochen zu haben. "Die Hamas respektiert den Besuch des ägyptischen Ministerpräsidenten im Gazastreifen nicht und verletzt die vorübergehende Feuerpause, in die Israel vor dem Besuch eingewilligt hat", erklärte ein Sprecher von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu über den Kurznachrichtendienst Twitter. In Israel begann die Armee, 16.000 Reservisten einzuberufen. Verteidigungsminister Ehud Barak hat den Streitkräften grünes Licht gegeben, bis zu 30.000 Reservisten zu mobilisieren. In israelischen Regierungskreisen wurde eine Bodenoffensive im Gazastreifen nicht ausgeschlossen.

Die Vereinten Nationen verurteilten die israelischen Luftangriffe sowie den Raketenbeschuss Israels durch die Hamas. Ein Sprecher der UN-Menschenrechtsbeauftragten Navi Pillay rief am Freitag in Genf beide Seiten zur Mäßigung auf und verwies auf das Leid der

Zivilbevölkerung. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich besorgt und wies der Hamas die Schuld an der Eskalation zu: "Es gibt keinerlei Rechtfertigung für den Abschuss von Raketen auf Israel."

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton forderte die Hamas zum Stopp des Raketenbeschusses auf. "Israel hat das Recht, seine Bevölkerung vor solchen Angriffen zu beschützen", sagte Ashton in Brüssel. Gleichwohl rief die EU-Chefdiplomatin die israelische Regierung zur Zurückhaltung beim weiteren Vorgehen im Gazastreifen auf.

Bundespräsident Heinz Fischer fordert ein Ende der Gewalt zwischen Israel und den Palästinensern. "Die internationale Gemeinschaft muss den Entwicklungen im Nahen Osten und ganz besonders der gefährlichen Eskalation von Gewaltakten zwischen Israel und den Palästinenser im Gazastreifen intensive Aufmerksamkeit widmen", erklärte Fischer.