Die palästinensische Einheitsregierung hat am Donnerstag erstmals in Gaza getagt. Mehr als vier Monate nach seiner Vereidigung kam das aus parteilosen Fachleuten gebildete Kabinett im Amtssitz des Palästinenserpräsidenten Mahmoud Abbas zu einer symbolträchtigen Sitzung zusammen. Das Treffen war auch ein Signal an die internationalen Geldgeber, die den Wiederaufbau Gazas finanzieren sollen.

Den rund 50 teilnehmenden Geberstaaten sollte drei Tage vor der internationalen Konferenz in Kairo verdeutlicht werden, dass ihre Finanzhilfen korrekt verwendet und ausschließlich zivilen Zwecken zufließen werden. "Was wir heute zu Gesicht bekommen haben ist furchtbar und schmerzend. Uns ist klar geworden, dass der Wiederaufbau unsere oberste Priorität sein muss", sagte Ministerpräsident Rami Hamdallah zur Eröffnung der Kabinettssitzung.

Der palästinensische Außenminister Riyad al-Malki hatte erklärt: "Die Sitzung der Konsensregierung in Gaza ist ein zusätzlicher Nachweis für die in Kairo anwesenden Länder, dass es an der Aufsicht der Autonomiebehörde beim Wiederaufbau im Gazastreifen keinen Zweifel gibt."

Seit die radikalislamische Hamas 2007 nach Gefechten mit der gemäßigten Fatah-Bewegung die Kontrolle über das Küstengebiet übernahm, konnte kein Regierungschef der im Westjordanland regierenden Autonomiebehörde den Gazastreifen betreten. Jetzt errichteten Milizionäre der Hamas im Nordteil des Küstenstreifens zahlreiche Kontrollposten, um die Sicherheit der Regierungsdelegation zu gewährleisten. Diese besichtigte zunächst Wohngebiete, die im siebenwöchigen Krieg mit Israel besonders stark zerstört worden waren.

Gemeinsam statt einsam

Nach der Kabinettssitzung traf sich Ministerpräsident Hamdallah mit Ismail Haniyeh, dem Vizechef der Hamas und bisherigen Regierungschef im Gazastreifen. Beide Politiker traten anschließend gemeinsam vor die Presse. "Diese Begegnung stärkt die palästinensische Einheit und bekräftigt das Ende der langjährigen Spaltung, die unsere Nation und politische Handlungsfähigkeit solange schädigte", erklärte Haniyeh. Die Hamas wolle mitarbeiten "am Erfolg dieser Konsensregierung".

Um den stark zunehmenden Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen zu unterbinden, hatten die israelischen Streitkräfte das Gebiet im Sommer zu Boden, aus der Luft und von See aus angegriffen und starke Zerstörungen angerichtet. Im Gaza-Krieg starben rund 2.150 Palästinenser, in der Mehrheit Zivilisten, sowie auf israelischer Seite 66 Soldaten und sieben Unbeteiligte.

Die Kosten für den Wiederaufbau werden von der Palästinenserregierung vorläufig auf 3,15 Milliarden Euro geschätzt. Zusagen der internationalen Staatengemeinschaft, diese Mittel aufzubringen, sowie Israels Bereitschaft, Baumaterial über die Grenze zu lassen, hängen entscheidend von der Rolle der Autonomiebehörde ab. Diese soll unterbinden, dass die Hamas Mittel für künftige Angriffe auf Israel abzweigt.