Die Euro-Finanzminister haben den Weg für das dritte Griechenland-Hilfspaket am Freitagabend geebnet. Gleich danach machte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem deutlich, dass die weitere Beteiligung des Internationale Währungsfonds (IWF) an einem Hilfsprogramm von grundlegender Bedeutung für die Eurogruppe sei.

Umsetzung von Reformen

Abhängig sei diese Beteiligung für den IWF aber von der Umsetzung von Reformen, insbesondere des griechischen Pensionssystems. Der IWF müsse zudem von der Tragfähigkeit der griechischen Schulden überzeugt sein. "Diese Schuldentragfähigkeit kann durch ein umfangreiches Programm wie das jetzt vorliegende erreicht werden, aber ohne nominalen Schuldenschnitt", sagte Dijsselbloem.

Nach Ansicht des Chefs des Euro-Rettungsschirms ESM, Klaus Regling, dürften die angesetzten neuen 86 Milliarden Euro für Griechenland nicht voll vom ESM bereitgestellt werden müssen, da voraussichtlich auch der IWF Geld hinzuschießen werde. Zudem könne Griechenland selbst durch Privatisierungen und die Rückkehr an die Finanzmärkte Geld beisteuern.

"Das Programm ermöglicht Griechenland die Rückkehr zu Wirtschaftswachstum", sagte Dijsselbloem. Die Arbeit mit der griechischen Regierung an der Vereinbarung in den vergangenen Wochen habe dazu beigetragen, Vertrauen wieder aufzubauen, betonte der niederländische Finanzminister. Regling nannte die Zusammenarbeit mit der griechischen Regierung zuletzt "exzellent".

"In den Abgrund geschaut"

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker äußerte sich zufrieden über die Einigung in Brüssel. Alle Beteiligten hätten ihre Zusagen eingehalten, Athen komme seinen Verpflichtungen nach. "Die Botschaft des heutigen Treffens ist laut und klar: Auf dieser Grundlage ist und bleibt Griechenland unwiderruflich ein Mitglied der Eurozone." Mit Blick auf die vergangenen Monate erklärte er: "Zusammen haben wir in den Abgrund geschaut."

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte noch vor der Sitzung vor allem eine "möglichst verbindliche" Zusicherung des IWF gefordert, bei der Griechenland-Rettung an Bord zu bleiben. Doch diese blieb aus. IWF-Chefin Christine Lagarde war bei der Sitzung am Freitag per Telefonkonferenz zugeschaltet. Sie habe gesagt, das IWF-Direktorium werde frühestens im Oktober entscheiden, ob der Fonds engagiert bleibe, sagte Dijsselbloem.

Nach der Zustimmung der Eurogruppe zum dritten Rettungspaket sagte Schäuble: "Es wäre unverantwortlich, die Chance nicht zu nutzen." Es gebe eine "völlig veränderte Situation gegenüber dem, was wir bis in den Juli hatten", sagte er mit Blick auf die Parlamentsentscheidung in Athen vom Freitagmorgen zur Umsetzung der harten Reformen. Regierungschef Alexis Tsipras scheine "den Versuch zu unternehmen", sein Land so auf den Weg zu bringen, dass es "seinen wirtschaftlichen Interessen gerecht werden kann. Diese Chance wollen wir ergreifen". Er machte allerdings klar, dass die Tranchen des Programms nicht ausgezahlt würden, wenn Griechenland die Auflagen nicht erfülle.

Laut Schäuble sicherte Lagarde der Ministerrunde zu, im Oktober beim IWF-Direktorium eine weitere auch finanzielle Beteiligung des Fonds zu beantragen, wenn eine Einigung auf Maßnahmen zur Schuldentragfähigkeit gelinge - "wovon wir alle ausgehen", wie Schäuble hinzufügte. Dijsselbloem verwies in diesem Zusammenhang auf das drei Jahre alte Versprechen, den Tilgungsaufschub und die Rückzahlungsfristen für Athen abermals zu verlängern, sollte die Regierung ihre Hausaufgaben erfüllen.

Erste Tranche bis 19. August

Eine erste Hilfstranche an Griechenland solle bis zum 19. August freigegeben werden. Am 20. August muss die Regierung in Athen 3,4 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) überweisen. Die erste Tranche werde 26 Milliarden Euro betragen, von denen 13 Milliarden kommende Woche überwiesen würden, erläuterte Regling. Zur Rekapitalisierung griechischer Banken sollten zudem zehn Milliarden Euro auf einem ESM-Konto vorgehalten werden. Dijsselbloem betonte, dass bei der Rekapitalisierung griechischer Banken heuer keine Guthaben griechischer Bankkunden herangezogen würden.

Am Freitag in der Früh hatte bereits die Mehrheit des griechischen Parlaments für das drei Jahre laufende Hilfspaket mit den Euro-Partnern gestimmt. Dabei musste sich der linke Regierungschef Tsipras allerdings erneut auf die bürgerliche Opposition stützen, weil seine Linkspartei Syriza in der Frage gespalten ist.

Die 19 Finanzminister bzw. ihre Vertreter erreichten am Freitag nach etwa sechsstündigen Verhandlungen eine Einigung. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) nahm krankheitsbedingt nicht an dem Sondertreffen der Eurogruppe zu Griechenland teil. Österreich wurde durch Sektionschef Harald Waiglein bei der Sitzung vertreten.

Nach jener Grundsatzeinigung auf neue Milliardenhilfen für Griechenland und dem Ja des Athener Parlaments zu den Sparauflagen sind dann noch mehrere Parlamente anderer EU-Staaten am Zug. Eine Zustimmung für das neue Hilfspaket muss in Wien durch den ESM-Unterausschuss des Nationalrats erfolgen, da die Hilfsgelder aus dem Euro-Rettungsfonds ESM kommen sollen. Das Gremium könnte am Dienstag kommender Woche tagen.

Chance für Premier Tsipras

Das finnische Parlament hatte Finanzminister Alexander Stubb bereits mit dem Mandat nach Brüssel geschickt, den Deal mit Athen abzusegnen. Dass sich der Deutsche Bundestag nun noch querstellt, wird nicht erwartet. Allerdings wird Bundeskanzlerin Angela Merkel mit zahlreichen Nein-Sagern aus der CDU/CSU-Fraktion rechnen müssen. Diese sind nicht überzeugt, dass das dritte Rettungspaket in fünf Jahren die Griechenland-Krise endlich beenden wird.

Tsipras hatte schon zuvor eine Neuwahl angekündigt, sollte er keine eigene Mehrheit im griechischen Parlament zustande bringen. Experten sehen darin eine Chance für Tsipras, die Widersacher in den eigenen Reihen loszuwerden und eine neue Regierung unter seiner Führung zu bilden. Seine Popularität in der Bevölkerung ist trotz seines Kurswechsels weiter hoch. In der Parlamentsdebatte hatte er noch einmal eindringlich um Zustimmung zu dem Abkommen mit den Gläubigern geworben, um das "Überleben des Landes" sicherzustellen. Er wolle "lieber einen Kompromiss als einen Selbstmord". Dieser scheint nun abgewendet.