Die von dem italienischen Krisenhilfeexperten Agostino Miozzo geleitetet EU-Gruppe soll in den nächsten Tagen prüfen, wie die 27 EU-Staaten weitere Unterstützung für die Menschen im Land leisten können. Ziel der Mission seien Informationen aus erster Hand und in Echtzeit, ließ die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton am Sonntag in Brüssel mitteilen. Die Gruppe ist den Angaben zufolge die erste dieser Art, die seit Ausbruch der Gewalt nach Libyen gereist ist.

Angesichts der heftigen Kämpfe zwischen Anhängern und Gegnern des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi wächst nun auch die Zahl der einheimischen Flüchtlinge. Von den 2.000 Menschen, die am Samstag die Grenze nach Tunesien passiert hätten, seien 600 Libyer gewesen, sagte die EU-Kommissarin für Internationale Zusammenarbeit und humanitäre Hilfe, Kristalina Georgieva (Kristalina Georgiewa), am Sonntag im staatlichen bulgarischen Rundfunk. Dies könne zu einem Problem werden, warnte Georgieva. Bisher seien vor allem Gastarbeiter aus Libyen geflohen, um in ihre Heimat zurückzukehren. Sollten sich dem Strom nun aber zunehmend einheimische "Frauen, Kinder und Alte" anschließen, "ändert das die Lage radikal".

Nach Angaben der bulgarischen EU-Kommissarin ging die Zahl der Grenzübergänge nach Tunesien zum Wochenende deutlich zurück. Statt der 10.000 bis 15.000 Menschen, die zuvor täglich über die Grenze geflohen seien, kämen seit zwei Tagen nur noch 2.000 bis 2.500. Ein Grund dafür könne die wachsende Zahl von Gaddafi-treuen Truppen entlang der Grenze sein, vermutete Georgieva, die am Donnerstag den Süden Tunesiens besucht hatte.

Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten wollen bei einem Sondergipfel am kommenden Freitag über ein umfassendes Hilfspaket für die Staaten im nördlichen Afrika beraten. Ein Schwerpunkt wird dabei die Situation in Libyen sein. In dem Einladungsschreiben des EU-Ratsvorsitzenden Herman Van Rompuy heißt es, der Gipfel werde sich unter anderem mit Maßnahmen befassen, "die dazu beitragen, die dramatischen Ereignisse in Libyen zu überwinden". Bereits am Donnerstag beraten die EU-Außenminister in Brüssel über die Lage in Libyen.