Sechs Milliarden Euro sind viel Geld. Das ist drei Mal so viel, wie Österreich im Jahr für seine Universitäten ausgibt.

Sechs Milliarden Euro, das ist die Summe, die nach der schlimmsten Schätzung des Europäischen Rechnungshofes im vergangenen Jahr aus dem EU-Haushalt in dunklen Kanälen versickert ist. Grund dafür waren Schlamperei, Misswirtschaft, Betrug, Inkompetenz und mangelnde Kontrolle.

Das geht aus einem Bericht hervor, den der Präsident des Rechnungshofes, Vitor Manuel da Silva Caldeira in Brüssel präsentiert hat.

Darin wird festgehalten, dass die Summe der fehlgeleiteten Gelder zwar deutlich niedriger als in den Vorjahren ist, sich bei Gesamtausgaben in Höhe von 118,4 Milliarden Euro aber doch zwischen 2,3 und 5,9 Milliarden Euro bewegt. Das entspricht einer Fehlerquote von zwei bis fünf Prozent.

Als klassischen Fall von Förderbetrug geben die Prüfer etwa Griechenland an, wo für als Waldstücke erfasste Flächen Prämien für Dauergrünflächen ausgezahlt wurden, obwohl auf Luftaufnahmen klar ersichtlich war, dass es sich um dicht bewaldetes und felsiges Gelände handelte. "Etwa drei Viertel der geschätzten Fehlerquote beruhen auf schwerwiegenden Verstößen der nationalen Behörden gegen die Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge", sagte Rechnungshof Präsident da Silva Caldeira.

Fast ein Drittel der Fehler hätten die Mitgliedstaaten selbst aufdecken und korrigieren können, bevor sie das Geld bei der EU-Kommission abriefen.

Nimmt man den größten Ausgabenblock des EU-Haushalts, die Landwirtschaft mit 56,3 Milliarden Euro her, dann gehen die Rechnungsprüfer von bis zu 2, 8 Milliarden Euro aus, die fehlerhaft vergeben worden sind.

Aber auch interne Kontrollen der EU-Verwaltung offenbarten eklatante Lücken. So ergab eine Stichprobe, dass 40 Prozent der überprüften Kommissionsbeamten "von nationalen Behörden gewährte Familienzulagen" zusätzlich zu den "im Beamtenstatut fixierten Sozialleistungen kassierten. Und das, obwohl Haushalts-, Familien- und Erziehungszulage für EU-Beamte bei zwei Kindern monatlich bis zu 1.639 Euro betragen. "Die Beamten hätten das melden müssen. Der Doppelbezug ist schamlos und rechtswidrig", schimpft der Europaabgeordnete Martin Ehrenhauser.

Größtes Sorgenkind bleibt die EU-Regionalhilfe, für die der österreichische Kommissar Johannes Hahn mit einem Jahresbudget von 35, 5 Milliarden Euro zuständig ist. Sie dient eigentlich dazu, die schwächeren Regionen Europas an die reicheren heranzuführen. Doch der Rechnungshof fand heraus, dass 36 Prozent der Zahlungen für die Projekte fehlerhaft waren. Mindestens drei Prozent der Mittel hätten nicht ausbezahlt werden dürfen. Bis die Gelder wieder eingetrieben sind, verstreichen Jahre.