Während die Politiker die vermeintlichen EU-Pläne zur Wasserprivatisierung in einem Richtlinienentwurf nutzen, um sich als Verteidiger der heimischen Ressource darzustellen, geben Experten Entwarnung bezüglich des angeblichen Privatisierungsdrucks. "Ich kann aus der Richtlinie keinen rechtlichen Druck herauslesen, Wasserversorgung zu privatisieren. Dieser ist zweifelsfrei nicht gegeben", sagt Europarechtsexperte Walter Obwexer im "Standard".

"Da wird im Parlament eine Verfassungsänderung diskutiert, obwohl wir noch gar nicht wissen, wovor wir uns fürchten", kritisiert Manfred Eisenhut, Bereichsleiter Wasser bei der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW) in den "Salzburger Nachrichten" ("SN").

"Völlig autonom" entscheiden

Laut Obwexer können die Gemeinden laut dem Richtlinienentwurf "völlig autonom" entscheiden, ob sie Wasser n öffentlicher Hand behalten oder nicht. Es gehe - wie schon mehrfach kolportiert - nur darum, dass wenn eine Gemeinde den Weg der Privatisierung wählt, diese europaweit ausgeschrieben werden muss, sobald das Volumen 8 Mio. Euro übersteigt.

Obendrein ausgenommen sind laut Obwexer sogenannte Inhouse-Vergaben an verbundene Unternehmen. Wenn diese mehr als 20 Prozent Umsatz am freien Markt machen, muss ausgeschrieben werden. Das mache einigen deutschen Städten Sorgen, lasse sich aber umgehen - beispielsweise, durch eine Ausgliederung der Wasserversorgung aus dem Unternehmen.

Einen weiteren Aspekt zeigt Roman Neunteufel, Experte an der Universität für Bodenkultur in Wien, im "Standard" auf: Die Wasserwirtschaft könne gar nicht komplett dem freien Markt überlassen werden, weil anders als bei Strom oder Gas Wasser aus unterschiedlichen Regionen wegen Haftungsfragen nicht gemischt werden dürfe.

Lediglich 90 der 2.354 Gemeinden in Österreich haben ihre Wassernetze privaten Betrieben geöffnet - die in allen Fällen zumindest mehrheitlich der öffentlichen Hand gehören; für Neunteufel sinnvoll, wenn die Gemeindekassa besonders leer ist. Es gebe aber bisher keine Belege, dass dieser private Weg die effizientere Lösung sei.

Laut "SN" gibt es österreichweit 6.000 Versorgungsunternehmen. Diese sind unterschiedlich organisiert. Von ausgegliederten Einheiten wie Akteingesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung über Gemeindeverbände, Gemeinde-Eigenbetriebe, Genossenschaften gibt es so gut wie alle Betriebsformen.

Eisenhut von der ÖVGW äußerte allerdings die Sorge, dass Konzerne in strittigen Fällen österreichische Versorger vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zitieren könnten, und relativierte weiter: "Das wird große Unruhe in die Branche bringen und verunsicherte Konsumenten zurücklassen, die um die Qualität der von ihnen finanzierten Wasserversorgung fürchten", sagte er dem Blatt.