Die angespannte finanzielle Lage im Euro-Krisenland Spanien wird immer bedrohlicher. Trotz der drastischen Sparpolitik der Madrider Regierung läuft der südeuropäische Staat Gefahr, sein Defizitziel in diesem Jahr erneut zu verfehlen. Auch aufgrund der Notkredite für marode Banken erhöhe sich die Neuverschuldung in diesem Jahr voraussichtlich auf 7,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), gab Finanzminister Cristobal Montoro am Samstag bei der Vorlage des Budgetentwurfs für 2013 im Madrider Parlament bekannt. Spanien hatte sich gegenüber der Europäischen Union (EU) eigentlich dazu verpflichtet, die Neuverschuldung auf 6,3 Prozent zu senken.

Nach den Ankündigungen vom Wochenende richten sich bange Blicke auf die Reaktion der Finanzmärkte am Montag. Die Renditen der Staatsanleihen könnten erneut in die Höhe schießen, was den Druck auf die Regierung weiter erhöhen würde. Die für Freitagabend befürchtete Herabstufung der Kreditwürdigkeit Spaniens auf "Ramsch-Niveau" durch Moody's war zunächst ausgeblieben - es wird jedoch erwartet, dass sich die US-Ratingagentur nun in der neuen Woche zu den Aussichten für Spanien äußert.

Unklar ist weiterhin, ob Spanien wie Griechenland, Irland und Portugal zuvor einen separaten Hilfsantrag für das ganze Land stellt - und nicht nur für den Finanzsektor. Die Zinsen, die Spanien für seine Schulden zahlen muss, verzehren fast ein Viertel des gesamten Budgets für 2013.

In der Nacht auf Sonntag demonstrierten in Madrid erneut Tausende gegen die Sparpolitik der konservativen Regierung. Die Kundgebung war bereits die dritte in fünf Tagen in dem von hoher Arbeitslosigkeit geplagten Land.

Finanzminister Montoro betonte, die Erhöhung des Defizits sei nur buchhalterischer und vorübergehender Natur, denn die Banken müssten die gewährten Hilfen zurückzahlen. Der Minister äußerte Zuversicht, dass die Überschreitung des Defizitziels nicht zur Folge haben werde, dass die EU von Spanien zusätzliche Einsparungen verlangen werde.

Madrid geht bei der Berechnung des Etats für 2013 allerdings von einer relativ optimistischen Wirtschaftsprognose aus. Die Regierung erwartet ein Schrumpfen der Wirtschaftskraft von nur 0,5 Prozent. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prophezeit hingegen einen Einbruch von 1,2 Prozent.

Schulden in Höhe von 90,5 Prozent des BIP

Die Hilfen für die maroden Banken führen dazu, dass der Schuldenberg Spaniens drastisch ansteigt. Nach Angaben des Ministers werden die gesamten staatlichen Schulden von geschätzten 85,3 Prozent des BIP in diesem Jahr auf 90,5 Prozent im Jahr 2013 steigen. Der spanische Staat plant, im kommenden Jahr Anleihen im Umfang von insgesamt 207,2 Milliarden Euro am Markt zu platzieren.

In einem am Freitag vorgelegten Bericht der US-Beratungsgesellschaft Oliver Wyman wird der tatsächliche Kapitalbedarf der maroden Banken auf maximal 59 Milliarden Euro beziffert. Die EU hatte Spanien für die Sanierung der Geldhäuser eine Kredithilfe von bis zu 100 Milliarden Euro zugesagt. Staatssekretär Fernando Jimenez Latorre sagte, Madrid werde davon voraussichtlich 40 Milliarden in Anspruch nehmen. Im Budgetentwurf trug die Regierung eine Summe von 30 Milliarden Euro an "zugesagten, aber noch nicht ausgezahlten Mitteln" ein.

Die im Jahr 2008 geplatzte Immobilienblase hatte mehrere spanische Finanzinstitute in Bedrängnis gebracht. Kredite konnten nicht mehr bedient werden, Banken blieben auf einem Berg von wertlos gewordenen Grundstücken und halbfertigen Gebäuden sitzen. Geplant ist nun eine umfassende Reform, um die Finanzbranche wieder auf neue Füße zu stellen.