Ein Befreiungsschlag sieht anders aus. Obwohl er und die Hauptakteure der Eurozone zuletzt höchste Erwartungen in eine überzeugende Rettungsaktion für den Euro geweckt hatten, konnte Präsident Mario Draghi am Donnerstag nach der Sitzung des höchsten Gremiums der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht das Erhoffte verkünden. Man werde in den nächsten Wochen an den "angemessenen Maßnahmen" samt "unkonventionellen Methoden" arbeiten, die dann für Ruhe an den Finanzmärkten sorgen würden.

Eigentlich war zuletzt der Eindruck entstanden, die EZB werde - eventuell im Gleichschritt mit den Euro-Hilfsfonds ESM - rasch und massiv Staatsanleihen kaufen, um die Zinslast für Spanien und Italien indirekt zu drücken. Das wird offenbar nicht so rasch geschehen. Die enttäuschte Reaktion der Börsen entsprach diesem dürren Ergebnis der Sitzung des EZB-Rates in Frankfurt.

Differenzen

Es deutet auf anhaltende Meinungsdifferenzen besonders zwischen den Schuldenstaaten und den stabilen Euroländern - allen voran Deutschland - hin. Zu diesen gehört auch Österreich. Das Thema hat zuletzt insbesondere Deutschlands Angela Merkel, Frankreichs François Hollande, Italiens Mario Monti und Spaniens Mariano Rajoy in mehreren Treffen beschäftigt. Berlin stößt sich nicht daran, dass Euro-Institutionen durch Käufe von Staatsanleihen Italien und Spanien entlasten. Den Deutschen geht es aber darum, dass nicht die EZB das tut, sondern der Hilfsfonds ESM.

Nur so können die betreffenden Länder zu den strukturell notwendigen Reform- und Sparpakten verpflichtet werden. Das Problem dabei: Das Inkrafttreten des ESM ist durch das deutsche Höchstgericht blockiert, welches am 12. September entscheidet, ob die Euro-Politik nationale Gesetze verletzt oder nicht.

Interventionen

Deshalb bastelt die EZB offensichtlich an einer Übergangslösung für die nächsten Wochen. Wirtschafts- und Finanzexperten sind aus diesem Grunde über das Ergebnis der EZB-Sitzung nicht so enttäuscht wie die Spekulanten auf den Finanzmärkten. Draghis Andeutung von "unkonventionellen" Maßnahmen und die Aktivitäten der wichtigsten Euro-Regierungschefs könnten tatsächlich auf baldige massive geldpolitische Interventionen der EZB hinweisen. Darauf hoffen die Schuldenländer wie die Märkte.

Das bestätigte sich gestern in Madrid bei einem Treffen von Italiens Regierungschef Monti mit Spaniens Ministerpräsident Rajoy. Beide gaben sich über die Vorgangsweise der EZB nicht enttäuscht. Dabei brauchen beide Länder eine Senkung ihrer Zinslast durch Aktivitäten der EZB. Monti, der erneut versicherte, Italien habe nicht die Absicht, Unterstützung aus dem Euro-Hilfsfonds zu beantragen, zeigte sich befriedigt. Denn die Schritte der EZB "scheinen nach vorne zu führen und nicht nach zurück".

Konjunktur

Handlungsbedarf haben die Euroländer auf jeden Fall, betonte in Frankfurt Draghi. Im Sog der Probleme in den Schuldenländern geht der Eurozone das Wachstum aus. Auch Deutschland und Österreich spüren das schon. Das Wachstumspaket des EU-Gipfels Ende Juni im Ausmaß von 130 Milliarden Euro und die Zinssenkung durch die EZB vor einem Monat verpufft, weil Programme und billiges Geld allein keine Konjunktur machen.