Die Europäische Zentralbank (EZB) belässt den Leitzins im Euroraum ungeachtet der immer bedrohlicheren Schuldenkrise bei 1,0 Prozent. Der EZB-Rat hielt damit am Mittwoch in Frankfurt dem wachsenden Druck zunächst stand, die eskalierende Schulden- und Bankenkrise und die schwache Konjunktur mit noch billigerem Geld zu bekämpfen.

Nach Überzeugung von Beobachtern sieht die Notenbank zunächst die Politik am Zug und hält ihr Pulver vor der Wahl in Griechenland und dem EU-Gipfel Ende Juni trocken. Spitzt sich die Krise noch weiter zu, könne die Notenbank notfalls aber jederzeit eingreifen. "Die EZB hat bewiesen, dass sie schnell reagieren kann, wenn auch die Regierungen zu weiteren Anstrengungen bereit sind", sagte Citigroup Europa-Chefvolkswirt Jürgen Michels. Zudem bestehe die EZB nun auf die Rückendeckung der Politik, bevor sie weitere Maßnahmen ergreift.

Neben einer im Laufe des Jahres erwarteten Zinssenkung ist auch denkbar, dass die EZB Banken erneut langfristig billiges Geld leiht oder wieder Anleihen strauchelnder Staaten kauft. Viele Beobachter sehen die Notenbank als Krisenfeuerwehr, da sie anders als die Politik schnell auf Bedrohungen reagieren kann.

EZB-Präsident Mario Draghi wird am Nachmittag neue EZB-Prognosen für das Wachstum und die Teuerung im Euroraum veröffentlichen. Experten rechnen damit, dass er die bisherigen Wachstumsaussichten von minus 0,1 Prozent im laufenden und plus 1,1 Prozent im kommenden Jahr weiter nach unten korrigieren wird.