Gegenüber dem Regime in Damaskus hätten beide Seiten weiter unterschiedliche Ansichten, sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Montag nach einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin in dessen Heimatstadt St. Petersburg. Damit schaffte es die EU-Spitze nicht, Putin zu einem härteren Kurs zu bewegen. Hingegen erhielten Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso in der Finanzkrise Unterstützung vom russischen Präsidenten.

Putin bescheinigte der EU hier Kampfgeist und Professionalität. "Wir hoffen, dass es unseren Kollegen in der Eurozone gelingt, mit den Schwierigkeiten fertig zu werden." Das Riesenreich mit den drittgrößten Währungsreserven der Welt hält etwa 40 Prozent seiner Rücklagen in Euro. Die EU-Politik sei "in hohem Maße professionell" und "kämpferisch", lobte der Kremlchef. "Uns überzeugt dies davon, dass dies alles keine leeren Worte sind, sondern eine gut durchdachte und ausgewogene Politik." Er teile die optimistische Einschätzung der EU-Kommission zur Zukunft des Euro, sagte Putin.

Mit deutlichen Worten forderte Van Rompuy eine Stärkung der Zivilgesellschaft in Russland. "Menschenrechte sind unsere direkte Sorge", sagte der EU-Ratspräsident. Aus Protest gegen Putins Politik verließen unterdessen mindestens neun russische Menschenrechtler das Kreml-Gremium zur Entwicklung der Zivilgesellschaft. "Ich gehe, weil ich schon sehe, welche Richtung die Entwicklung nimmt", sagte die prominente Bürgerrechtlerin Swetlana Gannuschkina. Von den Vorschlägen des Menschenrechtsrates beim Präsidenten werde jeweils genau das Gegenteil umgesetzt, sagte die mehrfach für den Friedensnobelpreis nominierte Gannuschkina.

An diesem Dienstag will die Staatsduma in Moskau höhere Strafen für Verstöße bei Demonstrationen festlegen. In den vergangenen Monaten waren wiederholt Zehntausende Regierungsgegner auf die Straße gegangen. Mit dem neuen Gesetz sollten Proteste "geregelt" werden, sagte Putin. Demonstrationen seien "normal". Der Leiter des Menschenrechtsrates, Michail Fedotow, forderte die Duma-Leitung auf, die Beratung des umstrittenen Gesetzes zu verschieben.

Putin fordert Aufhebung der Visapflicht

Putin forderte in St. Petersburg von der EU-Spitze mit Nachdruck eine Aufhebung der Visapflicht. "Eine vollwertige Partnerschaft ist unmöglich, solange es eine Visa-Barriere für die Bürger unserer Länder gibt", unterstrich der Staatschef. Moskau und Brüssel diskutieren seit langem über ein Ende der Visapflicht.

Im Syrien-Konflikt sollte sich Russland an der Suche nach einer friedlichen Lösung beteiligen, appellierte Van Rompuy. Der "Teufelskreis der Gewalt" müsse durchbrochen werden, bevor es zu einem offenen Bürgerkrieg komme. "Die Situation in Syrien ist schrecklich. Das Regime von Präsident Baschar al-Assad muss alle Formen der Gewalt unverzüglich einstellen und den Friedensplan des Sondergesandten Kofi Annan voll unterstützen." Der EU-Ratspräsident sprach sich gegen eine mögliche Militärinvention aus. "Syrien braucht eine dauerhafte und friedliche Lösung", sagte Van Rompuy.

Der erste Russland-EU-Gipfel mit Putin nach dessen Rückkehr in den Kreml beweise die tiefe Krise der europäisch-russischen Beziehungen, kritisierte der Grünen-EU-Politiker Werner Schulz. "Russland ist im Moment kein strategischer Partner der EU. Es gibt weder Übereinstimmung bei den Interessen noch bei den Werten."