Die Parlamentswahlen in Griechenland am 17. Juni werden von internationalen Kommentatoren zu einem Referendum über den Verbleib des Staates in der Eurozone stilisiert. Gewinnen die Gegner des Sparkurses eine Mehrheit, stehen die Hilfskredite der EU und des IWF auf dem Spiel. Mittlerweile schuldet Griechenland nach Schätzungen den Euro-Staaten 313 Milliarden Euro, bis 2014 sollen allein aus europäischen Hilfsfonds weitere 70 Milliarden Euro an Hilfsgeldern fließen.

Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet

Schon beim letzten Urnengang am 6. Mai konnte das Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) überraschend den zweiten Platz für sich erringen. Nun liegen die Spar-Gegner mit der konservativen Neuen Demokratie (ND), die für weitere schwere Budgeteinschnitte und eine Einhaltung des Sparkurses eintritt, Kopf an Kopf in den Umfragen. SYRIZA-Parteichef Alexis Tsipras spricht sich für eine einseitige Aufkündigung der griechischen Staatsschuld aus, will aber den Verbleib des Landes in der Eurozone. Die Sparmaßnahmen müssten gestrichen werden.

Um die Auflagen der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds zu erfüllen, kürzte der griechische Staat bereits drastisch. So wurde der Mindestlohn reduziert, junge Angestellte bis 25 Jahre erhalten nun etwa nur noch rund 500 Euro statt zuvor mehr als 700 Euro im Monat. Angestellte im öffentlichen Dienst mussten Einschnitte von rund 25 Prozent hinnehmen. Auch Pensionen und Zuschüsse wurden zusammengestrichen.

Nach der Wahl muss Griechenland weiter sparen. So könnten die Gehälter für Staatsangestellte reduziert werden und eine neuerliche Welle an Entlassungen folgen. Die linken Parteien mit Chancen auf Parlamentseinzug, neben der SYRIZA auch die Kommunisten (KKE) und die Demokratische Linke (DIMAR), treten für eine Rücknahme der Kürzung des Mindestlohnes und der staatlichen Pensionen ein.

Während DIMAR, die kleinste der linken Parteien, eine Zustimmung zu einem nachgebesserten Sparpaket andeutete, lehnen die Kommunisten jegliche Zugeständnisse ab und fordern einen Austritt aus EU und Euro. Die sozialistische PASOK, lange die dominante Partei der griechischen Politik, rutschte beim Wahlgang Anfang Mai auf den dritten Platz ab. Sie positioniert sich nun ebenfalls für eine Nachverhandlung der Sparauflagen.

Rechte für Deportation aller Einwanderer

Beim vergangenen Urnengang kamen erstmals in der griechischen Nachkriegsgeschichte sieben Parteien ins Parlament. ND und PASOK verloren ihre dominante Stellung und erhielten gemeinsam nur rund ein Drittel der Stimmen. Neben den Linksparteien zogen auch die rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen (ANEL) ein, die sich von der ND abgespalten hatte und die von der EU mandatierten Einsparungen ablehnen. Zudem schaffte die faschistische Goldene Morgenröte (XA) den Einzug, die offen für die Deportation aller Einwanderer aus Griechenland auftritt.

Nach der Wahl wird eine Regierungsbildung schwierig. Schon das Votum am 6. Mai brachte keinen klaren Sieger hervor, obwohl die stärkste Partei 50 zusätzliche Mandate im 300-sitzigen Parlament erhält. Den Sparkurs fortsetzen will - mit gewissen Korrekturen - die konservative Neue Demokratie. Als Koalitionspartner muss sie für eine Mehrheit vermutlich PASOK und DIMAR gewinnen. Die kleine Demokratische Linke hat allerdings für eine Regierungsbeteiligung die parlamentarische Unterstützung der SYRIZA, von der sie sich abgespalten hatte, zur Bedingung gemacht. Die Unabhängigen Griechen werden ebenfalls als mögliche Koalitionspartner gehandelt, ihr Chef Panos Kammenos stritt allerdings Berichte entschieden ab, er habe Staatspräsident Karolos Papoulias angeboten, ein Bündnis aus ND und PASOK im Fall einer "nationalen Krise" zu stützen. Die Kommunisten und die Faschisten lehnen hingegen jegliche Beteiligung an einer Koalitionsregierung ab.

Einen Vorteil verschaffen könnte der Neuen Demokratie die Wiedervereinigung mit der liberalen Demokratischen Allianz von Ex-Außenministerin Dora Bakoyannis, die sich 2010 abgepalten hatte. Die Partei hatte zuletzt mit 2,5 Prozent kapp den Parlamentseinzug verfehlt. Das Bündnis wird als Zeichen gewertet, dass sich die proeuropäischen und rechtsliberalen Kräfte hinter dem ND-Parteichef Antonis Samaras scharen.